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    Eröffnungsveranstaltung der Iranischen Filmtage in Leipzig.

    Diesen Dienstag, dem 5. Mai, wurden die ersten Iranischen Filmtage in Leipzig in der galerie KUB, dem Forum für zeitbasierte Kunst und politische Kultur, eröffnet. Zahlreiche Gäste verschiedener Altersgruppen, Studierende, Berufstätige, deutscher und internationaler Herkunft, erschienen zur ersten Vorführung zweier Kurzfilme, die durch eine musikalische Darbietung mit persischen Instrumenten ergänzt wurde. Im Rahmen der Filmtage werden noch bis zum 9. Mai in der Cinématèque Leipzig Filme iranischer Regisseure zu sehen sein, zudem wird es ein buntes Rahmenprogramm rund um die persische Sprache, das Theater und iranische Literatur geben. Organisiert werden die Iranischen Filmtage von eurient e.V., einem Verein, der Projekte und Veranstaltungen rund um die islamisch geprägte Welt und die Mittelmeerregion durchführt. Bereits zum 6. Mal richtete eurient im vergangenen Jahr die Arabische Filmwoche aus, mit den Iranischen Filmtagen wurde nun deren jüngere Schwester geboren.

    Nach einem herzlichen Empfang durch die Hauptverantwortlichen Nina Senchan und Lesley-Anne Gieseke startete die Veranstaltung mit einem Kurzfilm über das Leben des Hirten Mohammed Arefi. Angehöriger einer seit Generationen als Scharfhirten tätigen Familie, erzählt der siebenfache Familienvater von seiner Liebe zur Natur und dem Leben in der iranischen Wüste. Seine Kinder, von denen zwei studieren, leben mit der Mutter in der Hauptstadt Teheran, wo bessere ökonomische und infrastrukturelle Bedingungen herrschen, Der zweite Kurzfilm „Die kleine traurige Nixe“ ist ein impressionistischer Animationsfilm, der symbolsprachlich und mit Gedichtzeilen unterlegt die Motive Verlust und Sehnsucht vergegenwärtigt. Während einer kurzen Pause hatten die Besucher an einem leckeren Buffet die Möglichkeit sich mit Sandwiches den kleinen Hunger stillen und einen Blick in die Austellung „Right to Left“ werfen, die in der Galerie der KUB gastiert. Nina Senchan bestätigt, dass die Organisation der Filmtage nicht ohne Komplikationen ablief und bis in die letzten Züge “spannend“ geblieben wäre. „Die Sache wird nicht einfacher, wenn ein Film endlich vom Verleiher geliefert wird, sich dann jedoch herausstellt, dass die CD kaputt ist“, ergänzt Lesley-Anne. Sie hat das erste Mal ein solches Projekt organisiert und ist aus Interesse an der iranischen Kultur Feuer und Flamme gewesen. Die Zusammenarbeit mit der Cinématèque beurteilen beide als sehr positiv, insbesondere Vera Ohlendorf, die Projektmanagerin des Programmkinos, habe mit Rat und Tat zur Seite gestanden. „Es gibt zeitliche Rahmen, die konnten wir nicht immer einhalten, trotzdem war sie stets sehr geduldig mit uns“, bestätigt Senchan. Angesichts der bereits zur Eröffnung hohen Besucherzahlen, lässt hoffen, dass sie der Aufwand rentiert und der eurient einige Ausgaben über Eintrittspreise hereinhole kann.

    lesley (links) und nina

    Lesley-Anne Gieseke + Nina Sechan (v.l)

    Ein weiterer Höhepunkt des Abends war der Auftritt der Musiker Amir, Amin und Sebastian schaffen mit ihrer musikalischen Darbietung persischer Musik mit den Instrumenten Kamancha (iranische Stachelgeige) Darbuka (Bechertrommel), Tar (sechsseitiges Instrument) und Daf (Rahmentrommel) eine authentisch orientalische Atmosphäre. Amir hat sein Physikstudium in Leipzig absolviert, lebt zurzeit in Köln und beschreibt die Musik als seine Hauptbeschäftigung. Sein Instrument ist die sechsseitige Tar, die sowohl in Azarbaijan als auch im Iran häufig gespielt wird. Die Musiker treten in wechselnden Konstellationen auf, häufig als Duo aus Amir und Amin (Kamancha).

    Freunde des Kurzfilms kamen am Donnerstag auf ihre Kosten. Dabei wurden unter anderem vier Kurzfilme gezeigt, in denen es sich um die Auswirkung konservativer Sexualmoral auf die Arbeit in iranischen Krankenhäusern, die bildungspolitische Benachteiligung von Mädchen, einen persischen Taxifahrer und das blutige Massaker dreht, das Polizisten am 8. September 1979 in Teheran an Zivilisten verübten. Diese Filme repräsentieren die Arbeit iranischer Regisseure und die iranischen Kurzfilmkultur, die in Deutschland noch sehr selten rezipiert wird.

    Am Freitag wird die unabhängige Filmemacherin Negar Tahsili in einem Gespräch über die Produktionsbedingungen im Iran und iranisches Kino sprechen. Zudem wird ihr aktueller Film gezeigt und Fragen aus dem Publikum sind herzlich willkommen. „Es ist mein erstes längeres Werk und ich bin sehr auf die Diskussion mit dem Publikum gespannt“, so die Regisseurin, die auch während der Eröffnungsveranstaltung anwesend war. Später am gleichen Abend wird mit dem Politthriller „Manuscripts don’t burn” die systematische Liquidierung von Intellektuellen im Iran thematisiert, eine Story, die auf wahren Ereignissen beruht und einen Blick auf gesellschaftliche Tabus wirft.

    Am Samstag um 19 Uhr läuft der Film „Iranian“ des Regisseurs Mehran Tamadon, der nach mehreren Jahren des Drehverbots ein Experiement wagt: Er läd einige Mullahs zu sich nach Hause ein und lebt einige Tage mit ihren. Das perferkte Setting für hitzige Diskussionen und seltene Einblicke in die iranische religiöse Jurisprudenz. In der Spätvorstellung um 22 Uhr geht es um eine aufstrebende Theatergruppe, die die Möglichkeit erhält im Ausland aufzutreten. Doch der Vater der Hauptdarstellerin ist gegen die Reise seiner Tochter. Ein Film über Generationenkonflikte und dem Aufbegehren gegen patriarchalische Vorstellungen. Zudem wird es Samstagnachmittag um 14.30 Uhr nochmals einen Persisch-Schnupperkurs im Institut Morgenlandsprachen angeboten.

    Ein Besuch der Filmtage lohnt sich nicht nur für Fans und Interessierte arabischer und persischer Filme, sondern für jede/-n, der/die eine in unseren Breiten noch recht unbekannte Filmszene kennenlernen möchte und neugierig ist, wie Film und Kino in einem Land wie dem Iran funktioniert. „Es war auf jeden Fall eine sehr interessante Einführung in die Filmwoche und hat meine Neugier auf die kommenden Tage geweckt“, resümiert ein Besucher zum Abschluss der Auftaktveranstaltung.

    Mehr Infos zu den Iranischen Filmtagen: iranische-filmtage.eurient.info/

    Fotos: Tugrul v. Mende

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