Wie ein wildes Tier mit Boxhandschuhen
Jake Gyllenhaal überzeugt in „Southpaw“ mit Blut, Schweiß und antrainierten Muskeln.
Der Schwergewichtsboxer Billy Hope (Jake Gyllenhaal) hatte alles: Ruhm, Geld und eine wunderbare Familie. Doch als seine Frau Maureen (Rachel McAdams) tragisch zu Tode kommt, verliert Hope den Boden unter den Füßen. Weil er auch außerhalb des Rings seine Fäuste nicht im Zaum halten kann, wird er für weitere Boxkämpfe gesperrt. Er stürzt ab und verliert alles: Seine Titel, die Millionen und, am schlimmsten , das Sorgerecht für seine Tochter. Erst als der Coach Tick (Oscar-Preisträger Forest Whitaker) in sein Leben tritt, erinnert sich Billy Hope an sein früheres Kampfmotto: Je mehr du einstecken musst, desto härter schlägst du zurück! Der Coach schafft es, Billy nicht nur sportlich, sondern auch menschlich allmählich zu alter Stärke zurückzuführen. Nun will er seine Tochter zurückgewinnen und als Profi-Boxer neue Erfolge feiern. Doch dazu muss er zunächst mit seinem größten Gegner ringen: sich selbst.
Die Story klingt, als hätte der Drehbuchautor jedes erdenkliche Klischee verwendet: eine unerwartete familiäre Tragödie, eine kraftvolle Hommage an den eigenen Überlebenswillen, ein brummiger und alters-weiser Trainer und eine warmherzige Sozialarbeiterin. Trotz dieser hohen Anzahl an Stereotypen und ziemlich herkömmlichen Charakteren ist der Film sehr unterhaltsam und spannend. In erster Linie ist das Jake Gyllenhaal („Nightcrawler“, „Zodiac“) zu verdanken, der sich über die Jahre zu einem großartigen Schauspieler entwickelt hat. Was er hier an Dynamik und Kraft zeigt, ist bemerkenswert und überaus Oscar-verdächtig. Er reißt den Film förmlich an sich und trägt ihn fast ausschließlich durch seine Präsenz. Lediglich Oscar-Preisträger Forest Whitaker kann als Trainer Tick andere erinnerungswürdige Nuancen setzen. Seine ruhigere und geistvolle Darstellung im Vergleich zur Energie von Gyllenhaal bietet einen guten Kontrast, den „Southpaw“ dringend nötig hat. Zum erstklassigen Cast zählen neben ihm auch noch Naomi Harris als Sozialarbeiterin, Rita Ora als Drogenabhängige und 50 Cent als Billys früherer Manager.
Auch die typische „Ich falle tief, muss kämpfen und rappele mich wieder auf“-Handlung ist schon nach kurzer Zeit vorhersehbar. Doch darum geht es im Grunde gar nicht: „Southpaw“ ist einer jener Filme, die ihr Genre nicht neu erfinden, sondern Geschichten greifbar und intensiv präsentieren, und eben trotzdem oder vielleicht gerade deshalb gut funktionieren. Denn am Ende gelingt es dem Film, den Zuschauer mit viel Spannung, Atmosphäre und interessanten Charakterbeziehungen für sich zu gewinnen.
„Southpaw“ erzählt keine neue Geschichte, aber eine mit hohem Unterhaltungswert und ist mit einem herausragenden Hauptdarsteller besetzt, der einmal mehr beweist, dass er ein fähiger und wandelbarer Darsteller ist.
Foto und Filmverleih: SND
Ab 20. August im Kino
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