„Zeitverschwändung“ im Felsenkeller
Was ist des Studenten typische Vorgehensweise an einem Sonntag? Ausnüchtern und Zeit verschwenden. Eine Veranstaltung im Felsenkeller im Leipziger Westen könnte der richtige Ort dafür sein.
Das neue Team des Plagwitzer Prunkbaus lädt an diesem Wochenende Erwachsene und Kinder in die Tschaikowskistraße 16 zur „Zeitverschwändung“ ein. Auf dem weitläufigen Freigelände und im großen Tanzsaal kann man traditionell schaffenden Handwerkern beim Werkeln zuschauen und sich mit altertümlichen Klängen und Leckereien durch den Tag tragen lassen.
Dieses Geschehen ist Teil des umfassenden Programms, welches seit der Wiedereröffnung des Felsenkellers im letzten Jahr das Gebäude nach einem zweijährigen Leerstand wiederbelebt. Maßgeblichen Anteil daran hat die neu gegründete Betreibergesellschaft zu der unter anderem Jörg Folta, Oliver Schröter und Anja Wedwitschka gehören. Ursprünglich aus der Dessauer Hausbesetzer-Szene kommend, waren sie bereits vor der Schließung des Felsenkellers mit dem Standort verbunden. Sie hatten in den Räumen Punkkonzerte organisiert.
Das 125 Jahre alte Gebäude ist eng mit der Geschichte Leipzigs verwoben. Seit seiner Erbauung im Jahr 1890 wurde es als Konzert- und Ballsaal, als Kino und Gaststätte verwendet.
Die Nutzung soll genauso vielseitig weitergehen.
Im Mai eröffnete der lauschige Biergarten wieder seine geschwungenen Tore. Da dieser nur bei schönem Wetter in Betrieb ist, wird das Festival an diesem Wochenende wohl eins der letzten Events im Außenbereich in diesem Jahr sein. Im etwa 500 Plätze umfassenden Ballsaal geht der Betrieb jedoch bei erfreulich günstigen Barpreisen von 1,50 bis 4,50 Euro weiter.
Da eine enge Zusammenarbeit mit den „Lipsie Lillies“ besteht, gibt es regelmäßige Burlesque-Shows und teure, aber aufwändig gestaltete Dinnershows zu sehen. Die Show an diesen Abenden besinnt sich auf die lange Geschichte des Felsenkellers. Zum Beispiel finden sich Anekdoten aus der Zeit, in der die Örtlichkeit als Zentrum der Arbeiterbewegung unter Rosa Luxemburg, Clara Zetkin und Ernst Thälmann bekannt war. Diese Veranstaltungen werden wohl eher ältere Semester erfreuen, genauso wie ein Krippenspiel mit Olaf Schubert im Dezember.
Das studentische Publikum sei den selbst noch jungen Betreibern jedoch ebenfalls sehr wichtig. Eine Lesung von Michael Nast in Begleitung mit der Band Bonaparte gibt am 8.Oktober für dieses Anliegen einen gebührenden Auftakt. Da diese Veranstaltung in wenigen Tagen ausverkauft war, lädt man Nast eine Woche darauf zu einem Zusatztermin ein.
Für Konzerte jeder Größenordnung sei die Bühne im Foyer zwar nicht geeignet, für Punkkonzerte aber umso besser, meint Schröter: „Wir haben gemerkt, dass Ska- und Punkkonzerte hier sehr gut gehen. Die Bands werden durch die Architektur golden umrahmt.“ Deshalb gibt es am 14. November mit dem Eintagesfestival „Teenage Warning Vol. 2“ und eine Woche später mit einem Skafestival was auf die Ohren. Gern möchte man die Location weiteren jungen Musikern anbieten.
Auch die private Nutzung ist möglich. Bisher fanden Betriebsfeiern und Abschlussbälle statt. Auch Fachschafts-Partys seien gern gesehen.
Da nicht jeder FSR oder studentischer Verein einen Saal mit Platz für 1000 Gäste füllen kann, ist als nächste Baumaßnahme die Sanierung eines kleineren Raumes im Anbau an der Karl-Heine-Straße geplant. Dieser könnte mit ständigem gastronomischem Betrieb auch als Disco genutzt werden.
Man wollte den Felsenkeller nicht tot-sanieren, sondern nach und nach entwickeln, meint Schröter.
Hochschuljournalismus wie dieser ist teuer. Dementsprechend schwierig ist es, eine unabhängige, ehrenamtlich betriebene Zeitung am Leben zu halten. Wir brauchen also eure Unterstützung: Schon für den Preis eines veganen Gerichts in der Mensa könnt ihr unabhängigen, jungen Journalismus für Studierende, Hochschulangehörige und alle anderen Leipziger*innen auf Steady unterstützen. Wir freuen uns über jeden Euro, der dazu beiträgt, luhze erscheinen zu lassen.