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    Frauenfußball bringt frischen Wind in die FIFA-Serie.

    Jedes Jahr im Frühherbst liefern sich die Fußballsimulationen FIFA und Pro Evolution Soccer (PES) einen erbitterten Kampf um die Spitze. Das Problem: Seit Jahren stagnieren beide Spielereihen auf hohem Niveau und bieten mit jeder neuen Version nur punktuelle Verbesserungen, etwa bei der Ballphysik oder kleineren Grafikupdates – zu wenig, um einen 60 Euro teuren Neukauf zu rechtfertigen.Während PES 2016 dieses Jahr erneut sein routiniertes Programm durchzieht, haben sich die FIFA-Entwickler von EA Sports an eine wirkliche Neuerung gewagt: den Frauenfußball – und bringen damit eine wichtige, aber auch überfällige Innovation ins Spiel, die die Serie dringend braucht.

    Bis in die 1970er Jahre hinein war Frauenfußball in Deutschland verboten. Im Kampf um den Ball verschwinde die „weibliche Anmut“, Körper und Seele würden unweigerlich „Schaden erleiden“ und das „Zurschaustellen des Körpers verletze Schicklichkeit und Anstand“, so die offizielle Begründung des Deutschen Fußball Bundes (DFB) von 1955. Heute ist Frauenfußball Normalität, der DFB zählt mehr als 750.000 Fußballerinnen in Vereinen. Im virtuellen Fußball sind die Frauen ebenfalls mit Verspätung angekommen. David Rutter, EA Sports-Chefentwickler, begründete die späte Entscheidung mit den technischen Möglichkeiten: „Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir glauben, dass unsere Werkzeuge und unsere Technik in der Lage sind, Frauen authentisch darzustellen.“ Zwölf Frauen Nationalteams findet man im aktuellen Spiel. Darunter sind die Weltmeister USA und Deutschland, aber auch die Chinesische Nationalmannschaft, Schweden und Australien, der Weltmeister von 2011 Japan fehlt. In den kommenden Versionen will EA Sports die Anzahl der Frauenteams sukzessive vergrößern.

    Auf dem Platz bemerkt man gleich nach dem Anstoß deutliche Unterschiede zu den FIFA-Männern: Langsameres Spieltempo und mehr Freiräume auf dem Feld lassen ein behäbigeres Spielgefühl aufkommen – eine gelungene Abwechslung zum tempobetonten Männerfußball. Auch technisch hat sich EA Sports Mühe gegeben, die Fußballerinnen authentisch darzustellen: Motion-Capturing-Aufnahmen, verbesserte Haar-Animationen beispielsweise für Pferdeschwänze und angepasste Attribute lassen die Spielerinnen realistisch wirken: „Was wir machen ist nicht, einfach Frauenköpfe auf Männerkörper zu stecken“, kommentierte Rutter die Entwicklung.

    Während sich ein Großteil der FIFA-Community bereits seit Jahren mit Petitionen für Frauenfußball in ihrem Spiel einsetzt, gab es nach der Ankündigung des neuen Features Ende Mai auf Facebook auch zahlreiche frauenfeindliche und sexistische Kommentare. Viele Nutzer posteten selbstbewusst unter ihrem Klarnamen – etwa Johannes G., der der Überzeugung ist, dass Frauen doch wohl „vor den Herd gehören“ und EA Sports den „Fußballplatz mit der Kücheverwechselt“. Weitere User forderten eine Trikottausch-Funktion, wackelnde Busen oder einen Nacktpatch für die Spielerinnen. Andere kritisieren, dass EA Sports an den Fans vorbeientwickele und der Frauenfußball nur zum Selbstzweck und der Political Correctness wegen einbaue, Features wie etwa Hallenfußball seien wichtiger. Nach dem Gamergate-Skandal, in dem Frauen, die sexistische Inhalte in Spielen anprangerten einer massiven Hetzkampagne mit Morddrohungen ausgesetzt waren, zeigten einzelne männliche Spieler der Gamer-Community erneut ihre frauenfeindliche Haltung. Die neuen Inhalte entwickelten sich zum Politikum. Umso wichtiger war es, dass EA Sports bei seiner Entscheidung blieb – als wirkliche Innovation für die Spielereihe wie auch für die gesellschaftliche Akzeptanz des Frauenfußballs.

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