Offener Brief zur Schücking-Affäre
Durch einen Systemfehler wird bei der Rektorenwahl die Demokratie umgangen.
Der Stura der Universität Leipzig liefert sich derzeit einen offenen Schlagabtausch mit der Sächsischen Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst Eva-Maria Stange. Bis zum Ende des Jahres soll der neue Rektor der Uni gewählt sein. Zur Wahl stehen die Professoren Eduard Mühle aus Münster und Tassilo Schmitt aus Bremen. Zwei externe Bewerber, die vom Hochschulrat vorgeschlagen wurden. Die beiden internen Bewerber Beate Schücking und Jürgen Haase wurden vom Hochschulrat bereits im Vorfeld disqualifiziert. (Mehr dazu in der Oktober-Ausgabe des student!)
Der Stura hatte nun den Rücktritt des Hochschulrates gefordert und bat Ministerin Stange eindringlich um eine Verbesserung des Gesetzes, durch das der Hochschulrat zu seinen umfassenden Kompetenzen gekommen war.
Über ihre Pressestelle ließ die Ministerin den Stura wissen, dass sie die Rücktrittsforderungen als „unhaltbar“ empfinde. „Dem Hochschulrat gehören Persönlichkeiten der Gesellschaft und der Universität an, die auf der Grundlage des gültigen Hochschulgesetzes die Rektorwahl durch den Erweiterten Senat der Universität vorbereiten. Es ist kein rechtlicher Verstoß beim bisherigen Verfahren erkennbar. Die externe Kompetenz der Mitglieder des Hochschulrates, die zum überwiegenden Teil von der Universität selbst vorgeschlagen wurden, wird an den Hochschulen sehr geschätzt. Inwiefern es bei einer späteren Novellierung des Hochschulgesetzes zu einer Änderung der Gremien und ihrer Kompetenzen kommen soll, wird erst in den nächsten Jahren zu entscheiden sein.“
Bereits am nächsten Tag erschien die Antwort des Stura in Form eines offenen Briefes. „Die Nichtlistung der amtierenden Rektorin auf den verbleibenden der drei möglichen Listenplätze ist schlicht und ergreifend eine kalte Absetzung“, so Marcel Wodniock, der Geschäftsführer des Stura. Es liege ein Systemfehler vor, wenn ein beratendes Gremium, das überwiegend aus externen und von einer schwarz-gelben Regierung eingesetzten Mitgliedern besteht im Vorfeld die Kandidaten festlegt. „Viele Mitglieder der Hochschulen können sicherlich ein Lied davon singen, wie handwerklich misslungen dieses Gesetz an vielen Stellen ist“, schreibt der Stura in dem offenen Brief. Das Gremium stelle sogar möglicherweise eine Verfassungswidrigkeit dar, da es „Entscheidungen wesentlich mitbestimmt oder selbständig trifft, die eigentlich dem Grundsatz der Freiheit von Forschung und Lehre unterfallen.“
Der Stura unterstreicht seine Rücktrittsforderungen an den Hochschulrat und verlangt weiterhin eine Änderung des Sächsischen Hochulfreiheitsgesetzes.
Offener Brief an die Staatsministerin
Bild: Die Sächsischen Staatsminister in Dresden (Eva-Maria Stange unten 2. v. Rechts)
Foto: Norbert Millauer
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