Liebe für alle und Hass für keinen
Der Gohliser Moschee-Diskurs – eine Zusammenstellung.
„Keiner von euch glaubt wirklich, bis er nicht für seinen Nachbarn das gleiche wünscht wie für sich selbst.“ Dieser Aphorismus soll das Zierminarett der neuen offenen Moschee in Gohlis schmücken. Er stammt von einem bedeutenden islamischen Gelehrten aus dem neunten Jahrhundert und spiegelt die Philosophie des geplanten Gotteshauses wieder. Die Ahmadiyya-Moschee soll in der Georg-Schumann-Straße Ecke Bleichertstraße auf einem Privatgrundstück entstehen. Man rechnet mit rund 700.000 Euro kosten, welche komplett von der Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ) getragen werden. Die Gemeinde ist eine Reformbewegung des Islam, die im 19. Jahrhundert in Britisch-Indien gegründet wurde. In Leipzig zählt sie um die 70 Mitglieder. Die AMJ versteht sich als transparent und offen gegenüber Menschen aller Religionen. Es wird sich betont friedlich und bescheiden gegeben, was sicher auch auf die heftigen Proteste der letzten Jahre zurückzuführen ist:
„Mein Leipzig lob ich mir – ohne Moschee“
Nach der Bekanntgabe der Pläne 2013 hatte sich am 18. Oktober „Gohlis sagt Nein“ gegründet. Per Online-Petition hatte die Bürgerinitiative mit Unterstützung von Katrin Viola Hartung (CDU) fast 11.000 Unterschriften gegen den Moscheebau gesammelt. Hartung distanziert sich allerdings mittlerweile von der Initiative. Am 16. April 2014 wurden diese Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) vorgelegt, vom damaligen NPD-Stadtratskandidaten Alexander Kurth und mit Unterstützung des Kreisverbandes der Alternative für Deutschland (AfD), die das Bauvorhaben als „Eingriff in die gewachsene Architektur [des] Stadtteils“ bezeichneten. Die Stadt nahm die Petition zwar an, aber Jung persönlich nicht. Die AfD ließ jedoch nicht locker und wollte zudem eine Volksabstimmung durchführen, die aber gar nicht möglich wäre und daher abgelehnt wurde.
Höhe-, oder besser gesagt Tiefpunkt, der Proteste waren 2013 zwei auf Holzpflöcke aufgespießte Schweineköpfe auf dem zukünftigen Grundstück der Moschee. Die Verantwortlichen wurden nicht gefunden.
Rosa Luftballons gegen Intoleranz
Dieses Ereignis und Phrasen wie „Mein Leipzig lob ich mir – ohne Moschee“ oder das allseits bekannte „Wir sind das Volk“, wie sie auf der Seite der Petition zu lesen sind, ließen viele Leipziger nicht auf sich sitzen. So gab es einen Gegenentwurf von Martin Meißner, der sich „Leipzig sagt Ja!“ nannte und zusammen mit der Initiative „Dialoge für Gohlis“ insgesamt 6.000 Unterschriften sammelte um seinen Gegnern zu zeigen, dass „sie nicht für die Mitte der Gesellschaft“ sprechen. „Dialoge für Gohlis“ hatte im Oktober 2014 sogar Strafanzeige gegen die Petition „Gohlis sagt Nein“ gestellt, unter dem Vorwand der „Hetzpropaganda“.
Nina Mair und Robert Jahn von „1001 Moschee“ wollten sich auf künstlerischer Ebene für die „Leipziger Vielfalt“ einsetzen: Mit einer Fotoaktion und einer Protestaktion mit rosa Luftballons.
Nun, nach zwei Jahren heftiger Auseinandersetzungen, liegt ein Bauvorbescheid vor, doch das Genehmigungsverfahren läuft noch. Einen Entwurf gibt es allerdings schon: Der Stuttgarter Diplom-Architekt Mustafa Ljaic hatte sich in dem Architekturwettbewerb für den Moschee-Neubau gegenüber vier anderen Mitbewerbern behaupten können. Sein Entwurf sieht zwei Etagen mit jeweils einem Gebetsraum vor und soll Platz für etwa 100 Besucher bieten. Die Kuppel und die Fassade der Moschee sollen bei Nacht leuchten.
In Anbetracht der Proteste beschränkt sich Ljaic außerdem auf ein 16 Meter hohes Zierminarett, dass von mehreren Aphorismen geschmückt werden soll. Einer davon: „Unsere Botschaft ist Frieden und unser Motto ist Liebe für alle, Hass für keinen.“
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