Blood, tears and sperm
„Love“ enttäuscht mit schlechtem Spiel und zu viel Haut.
Gaspar Noé gilt neben Lars von Trier als DER Skandalregisseur des zeitgenössischen Arthouse-Kinos. Für einige gilt er als Kult-Regisseur, für andere eher als das Gegenteil. Er gab der Kinowelt Filme wie „Enter the Void“ oder „Irreversibel“- letzterer machte mit einer drastischen neunminütigen Vergewaltigungsszene von sich reden. Wenn ein solcher Mann ankündigt, einen Film über „die sexuelle Seite der Liebe“ zu machen und das auch noch in 3D, ist die Provokation schon vorprogrammiert.
„Love“ heißt dieses neue Werk und könnte als Ode an das fleischliche Begehren beschrieben werden, als Film mit Mischung aus Intimität und körperlicher Lust. Man könnte auch „Beinahe-3D-Porno“ sagen. Ich bevorzuge letzteres.
Denn nachdem gleich zu Beginn des Filmes „The theatre management warns you“ über die Leinwand flimmert, beginnt sofort eine der unendlich vielen Sex-szenen: In einer minutenlangen Einstellung zeigt Noé einen Mann und eine Frau, die sich gegenseitig befriedigen. Es ist eine Szene, die nichts verhüllt und nervöse Anspannung hervorruft beim Gedanken an 135 Minuten Laufzeit. Als diese nach gefühlten Stunden endlich vorbei ist, bleibt das Gefühl, der Film habe sich zu sehr in seine Sexszenen verliebt. Das geht stark auf Kosten der ohnehin schon plumpen Handlung, die kurz und schnell erzählt ist.
Electra (Aomi Muyock) und Murphy (Karl Glusman) sind scheinbar das perfekte Paar. Da sie ihr Sexualleben bereichern möchten, holen sie sich die hübsche blonde Nachbarin Omi (Klara Kristin) für einen Dreier ins Bett. Das ist noch ganz im Sinne von Elektra. Die weiteren Besuche Murphys bei Omi, die mit einem geplatzten Kondom enden, jedoch nicht mehr. Sie trennt sich von ihm, als sie von der Schwangerschaft der Nachbarin erfährt. Nun sieht sich Murphy in seiner Beziehung mit Omi gefangen und fühlt sich fremd in seiner kleinen Familie. Festgefahren in seinem Hass auf die gesellschaftlichen Konventionen, denen er sich unterworfen sieht, trauert er wehmütig den Tagen mit Electra hinterher. Diese Geschichte wird in Rückblenden erzählt.
Es erscheint wie eine simple Dreiecksbeziehung mit klischeehaften Elementen und durchschaubaren Charakteren ohne viel Tiefe. Und genau das ist es auch. Abseits von Sex hat der Film nur wenig zu bieten, die Story dient sowieso nur als Verbindung der erotischen Szenen.
Was fast noch mehr irritiert als die ständige Vollansicht nackter Genitalien ist jedoch das unfassbar schlechte Spiel der drei Hauptdarsteller. Die dargestellten Gefühle zwischen Murphy und Elektra wirken künstlich und plakativ, Harmonie oder die titelgebende Liebe sucht man hier vergeblich. Die Frage „DIE sollen Schauspieler sein?“ hängt unausgesprochen über jeder Szene, die den Darstellern mehr abverlangt als nacktes Räkeln auf den Bettlaken.
Eine kurze Recherche zeigt: Sie sind auch gar keine. Regisseur Noé traf die beiden weiblichen Darstellerinnen in einem Club, Karl Glusman durch einen gemeinsamen Freund. Die Besetzung der Hauptrollen mit absoluten Laien sollte wohl Authentizität erzielen, wirkt aber lachhaft steif und unprofessionell. Kein Wunder also, dass die Dialoge an Einstudiertheit kaum zu übertreffen sind und Sätze à la „I want to make films with blood, sperm and tears“ beinhalten – ein Satz, der auch hervorragend den Inhalt von „Love“ zusammenfasst.
Und das 3D? Ob man eine Ejakulation direkt in die Kamera und damit mehr oder weniger in den Kinosaal in allen Dimension erleben möchte, bleibt wohl der Ansicht des Einzelnen überlassen. Vermutlich wird es noch weiter die Meinungen spalten über diese „Ode an das fleischliche Begehren“.
Fazit: In „Love“ verbindet Gaspar Noé eine wahrhaft lächerliche und schlecht gespielte Geschichte mit zahlreichen Sexszenen, die sowieso handlungstragend sind. Und das durchsichtig, vorhersehbar und mit Darstellern, die im Gegensatz zur visuellen Ebene zweidimensional bleiben.
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