Vergeben und Vergessen
„The Gift“ ist nicht nur ein Geschenk für Thriller-Liebhaber
Es wirkt meist ein wenig selbstgefällig, wenn ein Schauspieler sich nicht nur als Regisseur zu etablieren versucht, sondern für denselben Film gleich noch Drehbuch und Hauptrolle übernimmt. (Man denke nur an Trauerspiele á la Till Schweiger oder Matthias Schweighöfer.) Dass dieses Multitasking jedoch auch gut gehen kann, beweist nun Joel Edgerton mit „The Gift“.
Simon (Jason Bateman) und Robyn (Rebecca Hall) sind ein glückliches Ehepaar. Beide haben gut bezahlte Jobs, ein imposantes neues Haus und sogar einen niedlichen Hund, der vorerst das geplante Baby ersetzt. Als den beiden jedoch bei einem Einkaufsbummel ein gewisser Gordo (Joel Edgerton) über den Weg läuft, wird besonders Simon von der Aussicht auf eine strahlende Zukunft in die Vergangenheit zurückgeworfen.
Gordo oder „Weirdo“, wie Simon ihn in der High School zu nennen pflegte, macht seinem alten Spitznamen alle Ehre. Seine zutrauliche Art und die vielen Geschenke, die er den beiden macht, lassen ihn eher befremdlich als freundlich wirken und es wird bald klar, dass Simon und Gordo mehr verbindet als dieselbe Schule.
Durch seinen Hitchcockesquen Stil gelingt es „The Gift“ echten „thrill“ zu erzeugen und über den gesamten Film aufrechtzuerhalten. So schwingt in fast jeder Szene eine subtile Bedrohlichkeit mit, die trotz des ein oder anderen plot-twists erst mit dem Abspann wirklich abklingt. Lob gebührt dafür zweifellos Joel Edgerton, der sich kinematographisch, schriftstellerisch und nicht zuletzt schauspielerisch wirklich keinen Fehltritt erlaubt hat und dem Genre Thriller so einen längst überfälligen Aufwind schenkt.
Auch mit der überraschenden Hauptrollen-Besetzung von Jason Bateman, den man sonst eher als klamaukigen Nebendarsteller kennt, hat er ein gutes Gespür bewiesen. Es gelingt Bateman neben der fantastischen Rebecca Hall nicht unterzugehen und den Zuschauer sogar mit der moralischen Ambiguität seines Charakters zu überraschen.
The Gift zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass es Dinge gibt, die nicht so einfach zu vergeben und zu vergessen sind und illustriert mit viel Intelligenz, wie destruktiv der eigene Einfluss auf das Leben anderer sein kann.
Ab 26. November im Kino
Foto und Filmverleih: Fabula Films
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