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  • Ein Dach muss her II

    Mobilisierung für ein "Social Center" in Leipzig geht weiter. Nun jeden Donnerstagabend ein konkretisierenderes Utopietreffen. Heute in der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät.

    Unter dem Motto „Häuser denen, die sie brauchen“ startete Mitte November ein neues Projekt. Social Center Leipzig, ein Bündnis aus verschiedenen linkspolitischen und antirassistischen Initiativen, fordert ein Haus, in dem ein selbstverwaltetes soziales Zentrum entstehen kann. Die Idee für das sogenannte Social Center kam vor knapp zwei Monaten auf und kursiert auch in anderen Städten, wie in Göttingen und Berlin, wo bereits Häuser zu diesem Zweck besetzt wurden. Mittlerweile haben sich etwa 15 Gruppierungen dem Aufruf der Initiatoren angeschlossen, unter ihnen die „Refugee Law Clinic“, „Atari on Sunday“ und der „Initiativkreis: Menschen.Würdig“. Aber auch Einzelpersonen und Geflüchtete beteiligen sich.

    Ausgangspunkt für das Anliegen sind die menschenunwürdigen Lebensumstände in den Flüchtlingsunterkünften, in denen die Geflüchteten isoliert und fremdbestimmt leben. Geflüchteten Menschen, aber auch anderen marginalisierten Gruppen, soll ihre Selbstbestimmung zurückgegeben werden. In ihrem Aufruf auf ihrem Blog prangert die Gruppe den großen Wohnungsleerstand in Leipzig an. Von 22.000 leeren Wohnungen ist die Rede, die eigentlich sinnvoll genutzt werden könnten. Deshalb fordern die Aktivisten von der Stadt ein Haus, in dem den Menschen ihre Selbstverwaltung zurückgegeben wird.

    Bereits wenige Tage nach dem Anlaufen der Kampagne am 16.November (student! berichtete online) lud die Leipziger Gruppe zu einem Utopie-Workshop vor das Neue Rathaus ein. Dort wollten sie während der zeitgleich stattfindenden Ratssitzung auf sich aufmerksam machen. Der Stadt liegt bereits ein Antrag mit Forderungen vor. Rückmeldung hat die Gruppe noch nicht erhalten. „Das ist etwas kompliziert“, sagt Michel von Social Center Leipzig. „Für manche Parlamentarier ist es schwierig zu begreifen, wo der Unterschied zwischen unserem Projekt und dem Antrag der Grünen ist.“ In der Ratssitzung vom 19.November wurde ein Antrag der Partei Die Grünen diskutiert, in dem diese ein Willkommenszentrum für Fluchtsuchende und Migranten fordert. Dieses soll zentrale Anlaufstelle für Initiativen sein und diese miteinander vernetzen. „Wir haben positive Rückmeldung von der Linkspartei, SPD und Grüne erhalten.“, sagt Michel. „Wir wollen aber nicht aus einem Paternalismusgedanken heraus handeln.“ Geflüchtete hätten beim Willkommenszentrum kaum Mitspracherecht. Das Social Center Leipzig will sich von dem bestehenden Asylsystem abgrenzen und Raum für klare Kritik bieten.

    Künftig soll nun jeden Donnerstag ein Utopie-Workshop stattfinden. Dabei soll das Treffen immer in einem anderen Stadtteil sein, um möglichst viele Leute zusammenzubringen. Die Gruppe will nun vor allem mit Crowdfunding und Online-Petitionen auf sich aufmerksam machen. Auch mit ähnlichen Projekten anderer Städte, beispielsweise Göttingen oder Augsburg, soll eine Vernetzung stattfinden. „Wir wollen das Haus noch in diesem Jahr! Und wenn wir keins bekommen, ist eine Besetzung auch legitim“, sagt Michel. Allerdings hänge das auch von der Gruppe der Mitwirkenden und deren Einstellung ab. Denn eine Besetzung ruft neben ihrer Selbstverwaltung auch gewisse Risiken und Unsicherheiten hervor. Die Bereitstellung von leeren Wohnraum durch die Stadt wäre da die sicherere Alternative. Hauptziel in den nächsten Workshops soll vor allem die Zentralisierung der verschiedenen Initiativen in Leipzig sein.

    Josefine Bartels

    Foto: Marie Zinkann; beim zweiten Utopietreffen im Zweieck in Reudnitz am 26.11.15

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