Kommilitonen! Kommilitoninnen!
Wie viel ist man bereit für Gerechtigkeit und Freiheit zu geben, selbst wen man sich gegen das vorherschende politische System auflehnen muss? Diese Frage behandelt die HMT in einer Oper.
Wie verhält man sich in repressiven politischen Systemen? Lohnt es sich, für die Gerechtigkeit sein Leben zu riskieren? Und welche Mittel darf man gebrauchen? Diese Fragen stellen sich die jungen Menschen, deren Lebensgeschichten in der Oper „Kommilitonen!“ behandelt werden.
Mit Studierenden der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ (HMT) bringen Regisseur Matthias Oldag und Dirigent Matthias Foremy „Kommilitonen!“ nun erstmals an einer deutschen Musikhochschule auf die Bühne. Ursprünglich entstand die von Peter Maxwell Davies (1934-2016) geschriebene Oper vor zehn Jahren in London. Er war von der Royal Academy of Music gebeten worden, etwas für Studierende zu schreiben und stellte daraufhin selbst Bedingungen für sein Werk auf. Die Oper sollte nur von Studenten handeln und auch aufgeführt werden und David Pountney (*1947) sollte das Libretto verfassen. Da er gesellschaftliches Engagement bei den Musikstudierenden vermisste schlug er ein politisches Thema vor.
In drei ineinander verwobenen Episoden mit Protagonisten aus verschiedenen Zeiten und Ländern wird vom studentischen Aufbegehren erzählt. So geht es zum einen um James Meredith, der in den sechziger Jahren als erster Afroamerikaner an der Universität von Mississippi für sein Recht zu studieren kämpfte. Als nächstes treten die Geschwister Scholl und die Weiße Rose auf, deren Mitglieder sich mit Flugblättern gegen das Nationalsozialistische System in Deutschland aussprachen und schließlich sogar mit dem Leben bezahlten. Die dritte der abwechselnd weitererzählten Episoden bildet die Geschichte der Geschwister Wu und Li, die während der chinesischen Kulturrevolution (1966-1976) ihre Eltern durch politische Verfolgung verlieren und schließlich selbst der Kommunistischen Partei beitreten mussten.
Um die Erzählstränge im Verlauf des Stücks immer enger zusammenzuführen, entsteht ein stetig größer werdender Dialog der Protagonisten, der über ihre eigenen Episoden hinausreicht. So spricht James Meredith den Mitgliedern der Weißen Rose nach deren erfolgloser Flugblattaktion Mut zu und versucht vergeblich Wu davon abzubringen, der Kommunistischen Partei beizutreten. Die Vermischung der Episoden funktioniert sehr gut ohne verwirrend zu sein und trägt dazu bei die Gemeinsamkeiten der doch recht unterschiedlichen Charaktere zu zeigen.
Zu Beginn hat jede der drei Episoden eine eigene Klangsprache. So greift die Musik der Weißen Rose Elemente des deutschen Kunstliedes auf, während der Sound von James Meredith wärmer und beschwingter ist und teilweise an amerikanische Musicals der Sechziger Jahre erinnert. Die fieberhafte Stimmung der Kulturrevolution schlägt sich im Gesang der Protagonisten wieder und eine lautstark aufspielende Marching Band sorgt für das militärisch-konforme Element. Im großen Finale verbindet Davies die drei Stile schließlich zu einem epischen Aufruf für die Freiheit.
Bei all dem politischen Aufruhr und den regnenden Flugblättern kommt man jedoch nicht umhin die Besetzung von Meredith, Wu und Li mit weißen Sängern als schwierig zu empfinden. Diese Entscheidung ist sicher auf fehlende Diversität des HMT-Jahrgangs zurückzuführen, doch besonders in Szenen mit dem Ku Klux Klan wirken die Auftritte trotz guter schauspielerischer Leistungen eher befremdlich.
Was die Oper jedoch definitiv auszudrücken vermag ist, wie groß unsere politische Verantwortung als Studierende ist. Schließlich sitzen wir an der Quelle des Wissens über all das was vor uns kam. Unsere Meinungen sind, wie die Geschichten der „Kommilitonen!“ zeigen, relevant und würdig, gehört zu werden.
Weitere Vorstellungen 31.05. / 01.06. / 02.06.2016 jeweils 19.00 Uhr
Karten zu 12 €, ermäßigt 9 €, HMT-Studierende 2,50 €
Karten unter Tel. 0341/2144-615 (Mo-Fr 13-15 Uhr)
Hochschule für Musik und Theater Leipzig, Grassistraße 8, Großer Saal
Fotos: Siegfried Duryn
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