Raumausflug in die Lächerlichkeit
„Einmal Mond und zurück“ lässt Charme und Logik vermissen.
„Der Marsianer“, „Gravity“, „Interstellar“ oder „Guardians of the Galaxy“… In letzter Zeit häuften sich die Weltall-Filme auf der Kinoleinwand. Warum auch nicht? Ausflüge in eine fremde oder unsere eigene Galaxis versprechen Spannung, Action und gute Unterhaltung. Das müssen sich auch die Macher von „Einmal Mond und zurück“ gedacht haben. Leider reiht sich dieser als „Astronauten-Animations-Highlight“ beworbener Film eher ans untere Ende der intergalaktischen Qualitätsskala ein.
Das liegt vor allem an der Handlung, die kein Klischee von Actionfilmen und Familiendramen auslässt: Der 12-jährige Mike Goldwing gehört zu einer waschechten Astronauten-Familie. Na ja, zumindest fast. Einst sollte sein Großvater Frank bei der ersten Mondlandung dabei sein, musste jedoch auf dem Boden bleiben, nachdem sein Sohn Scott kurz vor dem Start krank wurde. Das konnte der Opa seinem Sohn nie verzeihen und hält seitdem Abstand von Scotts Familie und seinen Enkelkindern. Mike, dessen größter Wunsch ein harmonisches Familienleben ist, scheitert daran, Vater und Opa wieder zu versöhnen. Als der hinterlistige texanische Milliardär Richard Carlson öffentlich die Existenz der ersten menschlichen Mondlandung anzweifelt, organisiert die NASA eine neue Mission, um die Echtheit der früheren Apollo-Flüge zu beweisen. Mikes Vater sieht seine Chance gekommen: er wird Kommandant des Fluges und sein Vater Frank soll ihn ausbilden. Nicht die beste Situation für das ohnehin schon angeheizte Familiendrama. Als sich herausstellt, dass Carlson neben der Verleumdung der Mondlandung heimlich einen eigenen Weltraumflug plant, um die Bodenschätze des Mondes als atomare Waffe zu benutzen, ist höchste Eile geboten – und gerade jetzt bricht sich Scott ein Bein. Nun liegt es an seinem Sohn Mike zu verhindern, dass die Geschichte der menschlichen Raumfahrt ausradiert wird: Gemeinsam mit seinem Opa Frank, seinen Freunden Amy und Marty sowie dessen Eidechse Igor geht er auf ein Abenteuer, das sie bis ins Weltall führt.
Die Handlung könnte nicht vorhersehbarer sein und wirkt ebenso erzwungen wie die Witze und Actionsequenzen, die in einer hetzerischen Verfolgungsjagd auf dem Mond enden.
Mikes Überzeugung, er könne Papa und Opa wieder vereinen, wenn er selbst zum Mond flöge (um den selbst erdachten „Familienfluch“ zu brechen), ist der Beginn eines abstrusen Strudels aus logischen Fehltritten, in die der Film mehr und mehr abgleitet. Der Plan, sich in der Rakete zu verstecken, wird selbst von dem ängstlichen Marty gut angenommen („Immerhin ist das besser, als Mathe zu lernen“). Durch Ermangelung anständiger Sicherheitsmaßnahmen der NASA – die Apollo-Rakte ist nämlich nur durch einen Drahtzaun geschützt – wird er auch erschreckend leicht in die Wege geleitet.
Bevor jetzt die ersten Medienpädagogen aufkreischen: Mir ist bewusst, dass sich Kinderfilme meistens nicht durch Logik und detailgenauen Realismus auszeichnen und so könnte ich auch gerade noch übersehen, dass zufällig Raumanzüge in Kindergröße an Bord der Rakete sind. Aber dass der Hausechse ein Raumhelm aus einem Strohhalm (!) und einer Plastiktüte (!) gebastelt wird und der selbstverständlich auch funktioniert, ist mir dann doch einfach zu viel.
Auch die feine Charakterzeichnung und liebevolle Gestaltung, die Pixar-Filmen wie „Oben“ oder „WALL·E “ erst den geliebten Charme geben, sucht man hier vergeblich. Es muss ja auch gar nicht immer ein zutiefst verflochtenes Emotionsgewebe sein, das den Figuren innewohnt, aber die Charaktere könnten ein wenig kreativer gestaltet sein. Am beeindruckendsten ist da noch der reiche Unternehmer Carlson, der nicht nur mit einem futuristisch anmutendem und grün blinkendem Raumschiff zum Mond fliegt, sondern auch eine Fabrik gigantischer Ausmaße auf dem Mond errichtet – und das an einem Tag!
Und trotz aller Absurdität, trotz aller fehlenden Logik, könnte ich dem Film verzeihen, wenn er zumindest den Charme hätte, der Kinderfilmen üblicherweise anhaftet. Hat er aber leider nicht.
Selbst die obligatorische Moral-Keule, die jeden noch so blödsinnigen Kinderfilm normalerweise zumindest in den „pädagogisch-wertvollen Bereich“ drischt und gleichzeitig eine Lebenslektion in die Hirne der jungen Zuschauer, fehlt hier komplett. Wobei, vielleicht ist das zu harsch gesagt. Denn immerhin habe ich etwas gelernt: 1. Eine Rakete zum Mond fliegen kann wirklich jeder. Na gut, vorausgesetzt man hat eine Woche dafür trainiert. 2. Wozu Mathe lernen, wenn man Gesetze brechen kann? 3. Ein Familienzerwürfnis ist ganz normal und kann mit einer Situation, in der man neben sich selbst auch die ganze Menschheit in Gefahr bringt, ganz leicht wieder behoben werden. Und natürlich: 4. Grün blinkende Raumschiffe sind viel cooler als normale.
Soviel zum Realismus.
Ab 09. Juni im Kino.
Fotos: Paramount Pictures Germany
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