Pressefreiheit in Gefahr
Hallesche Studentenzeitung wird zukünftig durch Aufsichtsrat kontrolliert.
Die Pressefreiheit hat in den vergangenen Monaten intensiv die öffentliche Debatte geprägt. Neben politischen Sensationen wie der Causa Böhmermann wird auch auf lokaler Ebene der Umgang mit journalistischen Medien kritisch hinterfragt. In Halle hat das Thema jüngst zusätzliche Relevanz erhalten, nachdem am 27. Juni der Stura der Martin-Luther-Universität (MLU) beschlossen hat, die Studentenzeitung „hastuzeit“ einem Aufsichtsrat zu unterstellen. Die Zeitung wird jährlich mit etwa 17.000 Euro vom Stura finanziert, sie ist die offizielle Zeitung der Studierendenschaft Halle.
Der betreffende Antrag wurde Ende Juni von der Stura-Sprecherin Jenny Kock unterbreitet. Zukünftig überwacht ein Aufsichtsrat, der zu gleichen Teilen aus Mitgliedern des Sturas und der „hastuzeit“ besteht, die „Erfüllung der Aufgaben der Studierendenschaftszeitung“. Was genau diese Aufgaben umfassen, wurde nicht konkretisiert. Der Aufsichtsrat soll einmal im Semester tagen und dem Stura über die Situation der Zeitung berichten. Darüber hinaus wählt der Stura in Zukunft direkt die Chefredakteure der „hastuzeit“.
„Damit könnte der erste Schritt getan sein, die Kontrolle über die Zeitung zu übernehmen“, beschwert sich „hastuzeit“-Redakteur Tobias Hoffmann. „Jedes Mal den Aufsichtsrat um Erlaubnis bitten zu müssen, hält uns unfassbar auf und ich würde die Zeit lieber in die Artikel stecken.“ Außerdem kritisiert er, dass die Satzungsänderung sehr knapp mit sechs Ja-Stimmen, fünf Gegenstimmen und vier Enthaltungen beschlossen wurde. „Es ist schade, dass sich einige Kritiker des Antrags enthalten haben, anstatt dagegen zu stimmen.“
Auslöser der Diskussion war die Kritik einiger Stura-Mitglieder an zwei Beiträgen, die die „hastuzeit“ im Vorfeld der Hochschulwahl im Mai veröffentlichte. Diese bestanden aus einem kritischen Kommentar über eine von Stura und Hochschulgruppen organisierten Informationsveranstaltung zur Wahl sowie einem satirischen Wahlomaten. Stura-Sprecherin Kock warf der Zeitung auf Facebook vor, „Demobilisierung“ von Wählern zu betreiben und „demokratische Teilhabe“ zu untergraben.
Den Befürwortern der Satzungsänderung zufolge soll durch die Entscheidung die Position der „hastuzeit“ als Teil der halleschen Studierendenschaft gestärkt werden. Dadurch würden den Mitarbeitern der Zeitung potenziell Privilegien wie die Beantragung von Urlaubssemestern für die redaktionelle Arbeit zustehen. Außerdem soll der Aufsichtsrat die Kommunikation zwischen Stura und „hastuzeit“ fördern. Diese Kommunikation sei jedoch auch ohne Aufsichtsrat möglich, meint Hanna Sommer, die Chefredakteurin der „hastuzeit“. Der Stura habe aber trotz mehrfacher Einladung nicht an den Redaktionssitzungen der Zeitung teilgenommen.
Das Team der „hastuzeit“ möchte sich der Entscheidung des Sturas nicht beugen und plant, unter den halleschen Studierenden Widerstand gegen die Entwicklungen zu mobilisieren. „Auch wenn wir ein Spielball des Stura zu sein scheinen, machen wir weiter und lassen uns nicht unterkriegen“, verspricht Hanna.
Lest einen Kommentar von Chefredakteur Jonas Nayda zu diesem Thema. Hier klicken.
Illustrationen: Katjaelena Karras
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