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  • Ein kurdisches Paradies, heimische Gitterstäbe und das Fremd-Eigene

    Der erste Tag auf dem DOK-Festival

    Die erste Station auf dem DOK Filmfestival war das igloförmige Zelt auf dem Markt in der Leipziger Innenstadt. Dessen futuristische Außenansicht verriet bereits, welche zukunftsträchtige Informations- und Erlebnistechnik sich im Inneren befindet. Unter „DOK Neuland“ läuft die kleine Ausstellung, die Entwicklungen cross-medialer Inhalte und virtueller Realitäten thematisiert. Mit Hilfe von Virtual-Reality-Brillen können die Besucher in die Welt eines an Platzangst Leidenden und eines zunehmend erblindenden Mannes eintauchen. Zudem stellt Marietta Rem ihre Graphic Novel „Phallaina“ vor, die als Kombination aus Sound- und Storyline dem Leser neue Zugangsmöglichkeiten eröffnet.
    Der Film „Paradies, Paradies“ betrachtet das Leben der kurdischen Bevölkerung im Irak unter dem Blickwinkel einer Vater-Tochter Beziehung und wirft damit einen Blick auf (Familien-) Geschichte jenseits des IS-Terrors. Die Regisseurin und ihre Familie leben in der Schweiz, wo der Vater eine eigene Arztpraxis betreibt. Seine Tochter begleitet ihn mit der Kamera bei seinem Vorhaben, eine Wohnung in Erbil zu kaufen. Ein langjähriger Plan, den sich der Vater trotz der brisanten politischen Lage nicht ausreden lässt. Eindrucksvoll ist die Perspektive der Tochter, da diese besondere Nähe und Authentizität möglich macht und Szenen zeigt, die ungefiltert, alltäglich sind.
    Das DOK Festival betritt zudem Orte, die für die meisten von uns nicht alltäglich sind. So zum Beispiel mit „DOK im Knast“, in der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen. Mit einem Bus erreichen Journalisten und geladene Gäste den Veranstaltungsort. Dort werden an mehreren Tagen DOK-Filme gezeigt, die von einer aus Insassen bestehenden Jury ausgewählt wurden. In einem Workshop wurden zudem eigene Kurzfilme produziert. Unter Anleitung des Cartoonisten Schwarwel, einer Kunstpädagogin und mit Unterstützung durch Mitglieder des Ostpol e.V. gestalteten die Jugendlichen von der Entwicklung des Skripts bis zur Kameraführung alles selbst. Die unterschiedlichen kreativen Ansätze waren beeindruckend und kamen sowohl bei den Gästen als auch den Mitinsassen gut an.
    Nach der Rückkehr aus Regis-Breitingen gegen 21 Uhr war die Luft ein bisschen raus, aber für eine Abendvorstellung reichte es noch. Im Cinestar tummelten sich dann zahlreiche Cineasten. Der Sprachensalat aus Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch und Chinesisch bestätigte den nationenübergreifenden Charakter des Ereignisses. Verständnis für das ‚Andere‘ und Abgrenzungen zum ‚Eigenen‘ sind herausfordernde Themen, die zu ausgrenzenden Diskursen führen können. „Moschee DE“ ist die Verfilmung einer gleichnamigen Theaterproduktion von 2010 und handelt von der Auseinandersetzungen angesichts des Baus einer Moschee 2006 in Berlin-Heinersdorf . Im Talking Heads-Format bringen Befürworter und Gegner ihre Meinungen vor. Darunter der Imam und der Organisator der Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger, sowie ein ortsansässiger Pfarrer. Der Aktualitätswert rechtfertigt die erneute künstlerische Auseinandersetzung mit der Problematik auf jeden Fall.

    Der zweite Tag auf dem DOK-Festival

    Foto: DOK Leipzig

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