Angst vor der Kuppel
Moscheebau in Gohlis beginnt im Februar
Sie ist eine wahre Rarität in Ostdeutschland, die traditionelle Moschee mit Kuppel und Minarett. Bisher gibt es nur eine einzige, und die steht in Berlin. Aber das wird sich bald ändern. Bereits vor drei Jahren hatte die islamische Ahmadiyya-Gemeinde den Neubau einer Moschee in Leipzig beantragt. Nun steht der Termin für die Grundsteinlegung fest. Nächstes Jahr im Februar werden die Bauarbeiten an der Moschee im Leipziger Stadtteil Gohlis beginnen. Für die rund 80 Mitglieder der Ahmadiyya-Gemeinde in Leipzig wird das Gebetshaus zum wichtigsten Ort ihrer Religionsausübung werden. Die Kuppel und ein Minarett sollen die Moschee von außen als solche kenntlich machen.
Anwohner im Viertel sehen dem Moschee-Neubau mit gemischten Gefühlen entgegen. „Die [Muslime] passen nicht in unsere Gegend. Die sollen bleiben, wo sie sind“, sagt Alfons Wildhorn und offenbar ist er mit seiner Meinung nicht allein.
Mehr als 10.000 Menschen nahmen an einer Unterschriftensammlung der Bürgerinitiative „Gohlis sagt Nein“ teil und protestierten gegen den geplanten Bau. Die NPD unterstützte diese Aktion. Jens Baur, Vorsitzender der NPD Sachsen, argumentierte: „Die NPD lehnt den Bau der Minarett-Moschee im orientalischen Stil aus grundsätzlichen Erwägungen heraus kategorisch ab.“ Der Islam liefere „das geistige Rüstzeug zur kulturellen Inbesitznahme unseres Landes.“ Weiterhin sagte Baur: „Jedem sollte gerade in der jetzigen Zeit klar sein, welche reale Bedrohung von einem derart fanatischen Religionsverständnis ausgeht.“
Vom Verfassungsschutz wird die Ahmadiyya-Gemeinde als „konservativ ausgerichtete“ Gemeinde beschrieben, die als „friedliche islamische Sondergruppe“ einzuschätzen ist. Zu den wichtigsten Werten der Ahmadyyia gehören laut dem zukünftigen Imam, Iftekhar Ahmed, Barmherzigkeit gegenüber allen Menschen, die Trennung von Staat und Religion sowie ein Ende aller Gewalt, die im Namen von Religion verübt wird. Weltweites Motto ist: „Liebe für Alle, Hass für Keinen!“ Ahmed weiß genau, wie er Einwohnern aus Gohlis entgegentreten würde, die sich vom Islam bedroht fühlen: „Ich würde sagen, dass ich Verständnis für deine Angst habe. Aber Ängste führen zu irrationalen Handlungen, weil sie Emotionen sind. Deswegen sollten wir darüber sprechen. Woher kommt diese Angst? Wovor hast du Angst? Und was können wir dazu beitragen, dir diese Angst zu nehmen?“ Ihm sei der Dialog mit allen Beteiligten, auch Menschen mit radikaler Einstellung, wichtig.
Anwohnerin Petra Stüwe findet, dass der Bau einer Moschee in Leipzig-Gohlis keine gute Idee wäre. „Als bekannt wurde, dass hier eine Moschee gebaut wird, gab es einen Auflauf von fremdenfeindlichen Jugendlichen“, sagt sie. Nicht die Moschee an sich mache ihr Sorgen, sondern die aktive rechtsextreme Szene. Vor zwei Jahren wurden auf dem Grundstück der geplanten Moschee aufgespießte Schweineköpfe, vor neun Monaten ein totes Ferkel mit der Aufschrift „Mutti Merkel“ platziert. Außerdem soll die baufällige Villa auf dem Nachbargrundstück ausgerechnet an ein NPD-Mitglied verkauft werden.
Einschüchtern lässt sich die Ahmadiyya-Gemeinde davon nicht. „Ich erwarte keine Probleme. Sobald die Moschee steht, wird dort Ruhe einkehren“, davon ist Ahmed überzeugt. Außerdem habe er den Eindruck, dass es nicht die Mehrheit aller Leipziger sei, die mit der Unterschriftensammlung repräsentiert wurde. Die meisten Leute seien neutral oder positiv eingestellt.
Lina Erlenmaier, Hannah Beck und Josefine Ißleib
Foto: Marie Zinkann
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