„Unsere Grundsätze sind: Freiheit, Ehre Vaterland“
Leipziger Burschenschaft "Germania" gewährt Einblicke ins Verbindungsleben
student!: Wofür steht die Burschenschaft Germania, was sind eure Grundsätze? Wie unterscheidet sie sich von anderen Burschenschaften?
Stefan: Die Grundsätze sind relativ gleich, unsere sind „Freiheit, Ehre, Vaterland“. Das unterscheidet sich von den anderen Burschenschaften nur im Detail und ist dann Auslegungssache.
Hannes: Grundsätzlich gibt es einen historischen Einschlag. Kein Verbindungstyp, seien es nun Sängerschaften, Turnerschaften oder Landsmannschaften, hat einen dezidiert politischen Einschlag, Burschenschaften schon. Innerhalb der Burschenschaften gibt es dann eher liberale oder völkische Ausrichtungen. Wir haben einen völkischen Einschlag und damit einen direkten Bezug zum deutschen Vaterland.
student!: Wie sieht der Alltag für ein Mitglied eurer Burschenschaft aus? Lebt ihr beispielsweise zusammen in einem Verbindungshaus?
Stefan: Wir haben eine Etage, also eine große Wohnung. Darin sind auch Zimmer, in denen Studenten wohnen können. Was das Verbindungsleben ausmacht, sind die Veranstaltungen. Die sind unterschiedlich, es gibt manche, die sind jede Woche, beispielsweise der Fechtunterricht, was man als „Unisport“ bezeichnen könnte. Ansonsten sind das dann Treffen, wie Kneipenbesuche oder gemeinsame Abende, manchmal spontan und manchmal festgelegt, so eine Art Abendgestaltung könnte man das nennen.
student!: Was hat es mit dem Fechten auf sich? Ist das aus eurer Sicht einfach nur Traditionspflege oder denkt ihr, dass es noch heute Relevanz hat?
Stefan: Es hat auf jeden Fall noch heute Relevanz. Der Wehrgedanke, aus dem das Fechten entstanden ist, ist immer noch da. Unsere Burschenschaft hat auf jeden Fall einen Wehrhaftigkeitsanspruch. Das heißt, dass man im Zweifel bereit wäre, für das Vaterland einzustehen, wenn Konflikte ausbrechen würden. Der Wehrdienst wurde ja abgeschafft, das heißt, das ist schon auch eine Möglichkeit Opferbereitschaft zu üben.
Natürlich ist das Fechten auch ein Selektionsmittel. Die Burschenschaft bietet viel, fordert aber eben auch. Man will nicht nur Nutznießer haben. Um zur Klinge zu greifen, muss man schon irgendwie zu der Sache stehen. Sonst würde man das glaube ich nicht machen. Für Jux und Tollerei ist der Fechtsport glaube ich dann doch nicht geeignet.
Der dritte Punkt ist, dass es sich immer wieder zeigt, dass das Fechten eine gute Charakterschule ist. Gerade wenn man jüngere Studenten hat, die 18 sind und ihre ersten großen Arbeiten schreiben oder Vorträge halten. Wer mal eine Mensur geschlagen hat, wird nie wieder Angst vor einem Vortrag haben. Das ist einfach Fakt.
student!: Wie viele Mitglieder habt ihr? Wie ist die Mitgliederentwicklung?
Hannes: Genaue Zahlen werden wir nicht angeben. Für Leipziger Verhältnisse sind wir, was die Aktivitas betrifft, ein großer Bund. Wir nehmen seit den letzten 10 Jahren eigentlich jedes Semester neue Leute auf. Es ist jetzt aber nicht so, dass die Leute zu uns kommen und wir jedem das Band umhängen, sondern wir selektieren im Vorfeld schon.
Stefan: Das ist bei anderen Verbindungen anders. Die nehmen meisten erstmal auf und schauen dann ob die passen. Das geschieht bei uns schon mehr vorab. Die Leute bleiben dann auch zu 99% dauerhaft.
student!: Ist die Zahl eurer Eintrittsanträge konstant?
Stefan: In der letzten Zeit hat es tatsächlich etwas zugenommen. Aber es gibt immer Schwankungen. In manchen Semestern kommt vielleicht keiner, und dann im nächsten schon vier oder fünf. Aber im Schnitt ist es in den letzten 10 Jahren immer ungefähr gleichgeblieben.
student!: Wie ist das Verhältnis der Burschenschaft zu Frauen? Können z.B. Freundinnen von Mitgliedern an Veranstaltungen teilnehmen?
Stefan: Das kommt auf die Veranstaltung an, aber das Verhältnis zu Frauen ist normal, wie bei jedem anderen normalen Mann auch. Ich denke die Mehrheit der Mitglieder hat auch feste Beziehungen. Dementsprechend gibt es auch Veranstaltungen, die dann dezidiert mit Frauen sind, wo sozusagen der Familienrahmen etwas größer gehalten ist. Es gibt natürlich auch Veranstaltungen, die nur für die Mitglieder sind. Wir sind nun mal ein Männerbund und dementsprechend können Frauen nicht an jeder Veranstaltung teilnehmen.
Hannes: Diese übersteigerte Frauenfeindlichkeit, die uns vorgeworfen wird, die ist ja sehr polemisch, denke ich. Da müsste man mal meine bessere Hälfte fragen, aber ich würde mal behaupten, dass keine Dame sich von uns irgendwie gekränkt fühlt. Im Gegenzug muss man natürlich auch sagen, dass Damenverbindungen keine Männer aufnehmen. „Ist das dann nicht auch eine Form von Diskriminierung? Nein, bei uns muss man sich immer den historischen Kontext ansehen.
student!: Ihr sagt, ihr habt eine dezidiert vaterländische Ausrichtung. Wie steht ihr zur Pegida-Bewegung?
Hannes: Ich kann da natürlich nicht für meine Verbindung sprechen. Pegida ist ein freies Bürgerforum, eine Bürgerbewegung, die sich auch gewandelt hat in den letzten zwei Jahren. (Pause) Welche Meinung habe ich dazu? Genauso wie ich Demonstrationen von linker Seite toleriere, toleriere ich sie auch von rechtskonservativer oder liberaler Seite. Grundsätzlich ist es natürlich immer zu begrüßen, wenn Menschen für ihre Freiheiten, das freie Wort oder mehr politische Teilhabe auf die Straße gehen.
student!: Aber du würdest dich da jetzt nicht positionieren, ob du für oder gegen Pegida bist?
Hannes: Ich bin für freie Meinungsäußerung. In der heutigen Zeit muss man den Kontext sehen, selbst wenn das freie Wort sehr polemisch und unangepasst daherkommt, ist und bleibt es immer noch das freie Wort. Man kann von einem einfachen Demonstranten, der seinem Ärger Ausdruck verleit, nicht erwarten, daß er sich so gewählt und abwägend ausdrückt wie einige Politiker vor laufender Kamera.
student!: Wurdet ihr bereits als Mitglieder einer Burschenschaft angegriffen oder bedroht?
Hannes: Ja. Es gibt Angriffe, wir wurden auch schon von undemokratischen linken Kräften körperlich angegriffen. Solche Taten sind im besten Fall unnütz, meine Verbindung besteht seit knapp 200 Jahren, in denen wir immer wieder Anfeindungen und Verfolgungen ausgesetzt waren und bestehen weiterhin. Wer uns zu bekämpfen versucht stellt sich damit in eine Traditionskette mit dem SED-Regime, den Nationalsozialisten und den Karlsbader Beschlüsse von 1819.
Stefan: Da gibt es nichts zu ergänzen, man kennt es. Die Gefahr geht man wissentlich ein, wenn man in die Burschenschaft eintritt. Dass man zumindest dumm von der Seite angequatscht wird, ist in Studentenkreisen eigentlich Alltag.
student!: Verbindungen und Burschenschaften wird oft vorgehalten, sie seien rückständig oder reaktionär, kurzum ultrakonservativ.
Wie geht ihr damit um? Stimmt ihr dem in Teilen zu und seid stolz gegen den Mainstream zu sein, der von Studenten vertreten wird?
Stefan: Ja, schon. Da stellt sich erstmal die Frage: Was ist rückständig? Wenn das traditionelle Familienbild von Mutter, Vater, Kindern und alle Werte die damit einhergehen in der heutigen Zeit als rückständig angesehen wird, ja, dann sind wir rückständig. Jeder soll sein Leben gestalten, wie er es für richtig hält. Aber wir haben unsere Werte und die halten wir auch hoch. Das ist dann nichts, wo wir sagen, dass wir uns dafür schämen müssen. Es gibt Prinzipien, die nicht unbedingt mit dem Konform gehen müssen, was jetzt der allgemeine Konsens ist. Unter Hitler gab es auch allgemeine Werte und wenn man mit allen mit schwimmen muss, zeigt es sich immer erst ein bisschen später, ob das gut ist.
student!: Wie ist euer Verhältnis zu anderen Verbindungen oder Burschenschaften in Leipzig, trefft ihr euch und macht gemeinsame Veranstaltungen?
Stefan: Ja, auf jeden Fall. Wir haben spontane oder auch regelmäßige Veranstaltungen, alleine das Fechten beispielsweise würde ohne andere Verbindungen gar nicht funktionieren. Gefochten wird immer nur mit Mitgliedern anderer Verbindungen.
student!: Wie kam es bei euch Zum Eintritt in die Verbindung? Waren z.B. Verwandte von euch auch Mitglied in einer Verbindung?
Stefan: Nein, ich hatte bei meinem Wehrdienst jemanden, der glaube ich in Berlin als Gymnasiast in einer Verbindung war. Der hatte von dem Verbindungsleben erzählt und da habe ich einmal ein bisschen mitgehört. Als ich in Leipzig angefangen habe zu studieren, war die Verbindungsetage noch in der Nikolaistraße, da hing immer noch die große schwarz-weiß-rote Fahne herunter. Jeder, der in die Stadt kam hat die Farben von Germania gesehen. Dabei sind mir dann die Erinnerungen an Studentenverbindungen gekommen und dann habe ich nochmal im Internet ein bisschen was darüber gelesen und es mir dann angeschaut.
Hannes: Bei mir war es glaube ich die Prägung durch den Geschichtslehrer, der sehr affin war, was die Vormärz-Zeit betraf.
Fotos: LBG
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