„Es wäre mir ein großes Anliegen, das wissenschaftliche und gesellschaftliche Engagement aller Mitglieder der Uni zu fördern“
Jan Palmowski, Bewerber auf das Rektorat der Uni Leipzig im Interview
Kommende Woche entscheidet sich, wer das neue Oberhaupt der Universität Leipzig wird. Am 31. Januar wählen die 82 Mitglieder des erweiterten Senats den neuen Rektor unserer Uni. Professorin Beate Schücking, die das Amt momentan innehält, tritt gegen Professor Jan Palmowski an, welcher aktuell an der Universität von Warwick (England) tätig ist.
Mit student! Redakteurin Juliane Siegert haben sich die beiden bereits zwei Wochen vor der Wahl über ihre Wünsche und Ideen ausgetauscht.
student!: Welche Verbindung haben Sie zur Stadt Leipzig und der Universität Leipzig?
Palmowski: Leipzig ist eine Stadt mit einer einzigartigen Geschichte, einem fantastischen kulturellen Angebot und mit einer hohen Lebensqualität. Die Universität ist eine der bedeutenden deutschen Universitäten mit hervorragenden Leistungen und großem Potential, vor allem auch für die Exzellenzinitiative.
Welche Motivation hat Sie dazu gebracht, sich auf das Amt des Rektors der Universität Leipzig zu bewerben?
Palmowski: In den letzten neun Jahren habe ich viele Erfahrungen in der Universitätsleitung am King’s College London (als Dekan der Geisteswissenschaften) und an der Universität Warwick (als Vizepräsident) gesammelt. Durch meine Aktivitäten im Wissenschaftsrat (seit 2013) aber auch durch die von mir geleitete Initiative, einen neuen starken europäischen Universitätsverbund zu verwirklichen (the Guild of European Research-intensive Universities) habe ich in den letzten Jahren die Vorzüge des deutschen Wissenschaftssystems – auch im internationalen Vergleich – neu kennen und schätzen gelernt. In Leipzig hätte ich die Möglichkeit, meine Erfahrungen und Ideen in Zusammenarbeit mit den WissenschaftlerInnen, MitarbeiterInnen und StudentInnen umzusetzen.
Welche Ziele würden Sie in Angriff nehmen, wenn Sie Rektor der Universität Leipzig werden? Welche Inhalte lägen Ihnen besonders am Herzen?
Universitäten haben eine zentrale gesellschaftliche Rolle gerade in diesen „postfaktischen“ Zeiten, in denen Wissen und wissenschaftliche Erkenntnisse nicht länger selbstverständliche Güter sind. Es wäre mir ein großes Anliegen, das wissenschaftliche und gesellschaftliche Engagement aller Mitglieder der Universität – der WissenschaftlerInnen sowie der Studierenden – nach Kräften zu fördern, auch in Zusammenarbeit mit der Stadt, den außeruniversitären wissenschaftlichen, kulturellen und sozialen Einrichtungen der Region und mit der Industrie.
Absolute wissenschaftliche Prioritäten sind der Erfolg im Exzellenzwettbewerb 2018-19 bzw. 2026 und die Verbesserungen bei der Einwerbung von Drittmitteln, insbesondere von der DFG und Horizon 2020.
In der Lehre würde ich – natürlich neben der Qualitätssicherung – Wert darauf legen, dass Ziele in der Exzellenzinitiative möglichst eng an die forschungsorientierte Lehre – z.B. bei der Entwicklung von Modulen in den Forschungsprofilbereichen – gekoppelt sind. Weitere Prioritäten sind die Verbesserung des Angebots der Schlüsselqualifikationsmodule um jeder/m Studierenden die Möglichkeit zu geben, die im Studium erworbenen Kenntnisse besser in der Berufspraxis umzusetzen. Mir wären weitere Fortschritte in der Internationalisierung wichtig, gerade auch um hier das Angebot an internationaler Mobilität für Studierende und Forschende zu verbessern. Ich würde außerdem die Vermittlung von Praktika fördern – zur Verwirklichung dieser Ziele könnte ich bereits auf wichtige Projekte aufbauen, die u.a. durch den Qualitätspakt Lehre in Leipzig entwickelt wurden.
Welche Gründe würden Sie anbringen, die Sie als Rektor der Universität Leipzig geeignet erscheinen lassen?
In meinen Leitungstätigkeiten habe ich viele Ideen und Impulse erfolgreich umgesetzt durch die Fähigkeit zuzuhören und kreativ auf Vorschläge zu reagieren. Das Privileg einer Leitungstätigkeit in einer hervorragenden Universität ist, dass man mit so vielen inspirierenden Menschen zusammenarbeitet und mit ihnen gemeinsam neue Ideen entwickeln und umsetzen kann. Es gibt keine Vorschläge und Ideen, die durch das Gespräch und das Zusammenarbeiten nicht noch verbessert werden können. Ich bringe also Ideen und Tatkraft mit, aber auch Pragmatismus in der Umsetzung sowie die Freude an der Zusammenarbeit und das Interesse an anderen Menschen – innerhalb und außerhalb der Universität.
Sie sind in Niedersachen aufs Gymnasium gegangen sind, wie kam es, dass Sie schließlich in England an der University of York graduierten?
Meine Familie war sehr anglophil und meine Eltern hatten ein paar Jahre in Großbritannien gelebt. Auch wenn es damals noch recht ungewöhnlich war, zu Beginn des Studiums nach Großbritannien zu gehen, war das für mich kein so großer Schritt – vor allem deshalb nicht, da ich sehr an einem kombinierten Studiengang der Geschichte und Wirtschaftswissenschaften interessiert war, den man damals nur schwer in Deutschland finden konnte. Nach Erwerb meines Bachelors war es Anfang der 1990er praktisch unmöglich meine Studienleistungen in Deutschland anerkannt zu bekommen (das hat sich heute zum Glück geändert). So bot es sich an mein Studium in Großbritannien fortzusetzen.
Ich freue mich nun außerordentlich, dass ich mich der Universität Leipzig und dem erweiterten Senat zur Wahl stellen darf. Noch bewegender für mich ist allerdings, dass ich innerhalb der nächsten Woche Vater werde!
Hier gehts zum Interview mit Amtsinhaberin Beate Schücking
Das war die gescheiterte Rektorwahl 2016
Titelfoto: Elisabeth Platzer
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