• Menü
  • Kultur
  • „Es ist an jedem Künstler, Demokratie wieder attraktiv zu machen“

    Die Leipziger Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke im Interview über das Jahr 2017

    BM_Jennicke_3_hoch_15x21_300dpi(1)

    Skadi Jennicke (Linke)

    student!: Wie schätzen Sie die Entwicklung im Kulturbereich in Leipzig ein?

    Jennicke: Leipzig ist eine Kulturstadt. Die Kultur prägt ganz wesentlich die urbane Atmosphäre unserer Stadt. Dazu tragen die großen Häuser (Gewandhaus, Oper und Theater) ebenso bei wie die ausgesprochen lebendige Freie Szene und die Akteure der Medien- und Kreativwirtschaft. Alle sind auf dem Weg und stellen sich neuen Herausforderungen. Das sind unter anderem die Stärkung interkultureller Kompetenz, qualitativer und quantitativer Ausbau der Vermittlungsformate und die Sicherung von Freiräumen im Stadtraum.

    Gibt es 2017 kulturelle Schwerpunkte, zum Beispiel mehr Theater- oder Opernförderung?

    Im Zentrum der kulturellen Aufmerksamkeit in diesem Jahr steht ganz sicher der 500. Jahrestag der Reformation. Leipzig ist Reformationsstadt Europas und ist mit dem „Kirchentag auf dem Weg“ im Sommer ein wichtiger Player in der bundesdeutschen Jubiläumslandschaft 2017. In der Pleißenburg, dort, wo heute das Neue Rathaus steht, fand 1519 die Disputation zwischen Martin Luther und Dr. Eck statt, ersterer assistiert von Philipp Melanchthon. Luthers Ausführungen vollzogen den endgültigen Bruch mit der römischen Kirche. Viele Kulturprojekte werden sich in diesem Jahr aus zeitgenössischer Perspektive und auch kritisch mit diesem Jahrestag auseinandersetzen.

    Gab es personelle Veränderungen von 2016 auf 2017?

    Anfang Dezember hat der neue Direktor des Naturkundemuseums, Dr. Ronny Leder, sein Amt angetreten. Ich bin sehr froh, dass wir nach fast drei Jahren Vakanz und langem Bangen um die Zukunft des Museums nun endlich wieder eine konkrete Perspektive für das Haus haben.

    Eine zweite wichtige Personalentscheidung steht für dieses Jahr an: Dr. Hans-Werner Schmidt,  seit dem Jahr 2000 Direktor des Museums der bildenden Künste, geht Ende April in den Ruhestand. Wir suchen eine Persönlichkeit, die die Herausforderungen eines Museums des 21. Jahrhunderts – internationale Präsenz verknüpft mit Netzwerkarbeit in die Leipziger Szene hinein und nicht zuletzt neue Formate der interkulturelle Vermittlung – mit Erfahrung und Mut zur Innovation anpackt.

    Auf welches Theater- oder Opernstück freuen Sie sich 2017 ganz besonders?

    Ich freue mich auf die Verleihung des Leipziger Bewegungskunstpreises (ein Preis der freien Szene) Anfang des Jahres ebenso wie auf weitere großartige Konzerte mit dem designierten Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons, auf die Fortsetzung der Jubiläumsspielzeit des ältesten Kinder- und Jugendtheaters Deutschlands, dem Theater der Jungen Welt, auf hochkarätige Premieren in der Oper, auf das 60jährige Jubiläum des ältesten Dokumentarfilmfestivals „DOK Leipzig“ und auf die Ausstellung „Nolde und die Brücke“ im MdbK. Die Reihe ließe sich fast endlos fortsetzen, denn siehe oben: Wir sind eine Kulturstadt.

    Was bevorzugen Sie persönlich?

    Ich bin von Beruf Dramaturgin, habe also eine biografische Nähe zur Darstellenden Kunst. Das sollte man im Amt jedoch nicht spüren. Hier gilt es, sich allen Kulturbereichen gleichermaßen aufmerksam zu widmen.

    Worauf kommt es in der Kultur 2017 an?

    Wer mit offenen Augen durch die Welt läuft, spürt, wie stark unsere zivilisatorischen Werte, etwa Freiheit, Demokratie, Teilhabe, Würde, unter Druck geraten. Das hat vielfältige Ursachen. Es wird in 2017 noch mehr darauf ankommen, dass wir der Idee einer freien und liberalen Demokratie frischen Auftrieb geben und nicht zulassen, dass sie eingeschränkt wird. Daran hat die Kultur ihren Anteil, muss sie haben. Es ist auch an jedem Künstler, jeder Künstlerin, Demokratie, Freiheit und Teilhabe wieder attraktiv zu machen.

    Fotos: © Stadt Leipzig

    Hochschuljournalismus wie dieser ist teuer. Dementsprechend schwierig ist es, eine unabhängige, ehrenamtlich betriebene Zeitung am Leben zu halten. Wir brauchen also eure Unterstützung: Schon für den Preis eines veganen Gerichts in der Mensa könnt ihr unabhängigen, jungen Journalismus für Studierende, Hochschulangehörige und alle anderen Leipziger*innen auf Steady unterstützen. Wir freuen uns über jeden Euro, der dazu beiträgt, luhze erscheinen zu lassen.