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  • „Die Natur ist der größte Künstler“

    Ronny Leder und seine Vision eines neuen Naturkundemuseums

    Zu den Zeiten, als Ronny Maik Leder nur Besucher im Naturkundemuseum war, sah er bereits mehr als nur Vitrinen, Raufasertapeten und Tierpräparate, die ins Nichts zu starren scheinen. Schon früh entwickelte er die Vision eines Orts in Leipzig, an dem die Natur die Wertschätzung erfährt, die ihr gebührt. Dieser Traum kann nun von Leder in die Realität umgesetzt werden. Am 1. Dezember 2016 nahm der 39-Jährige als neuer Direktor des Leipziger Naturkundemuseums seine Arbeit auf­­. student!-Redakteurin Karla Rohde traf ihn zum Gespräch.

    student!: Im Moment hat es den Anschein, als sei das Naturkundemuseum nur eingeschränkt begehbar. Was ist die aktuelle Situation und wie geht es weiter?
    Leder: Wir werden in die Baumwollspinnerei umziehen, das steht fest. Der aktuelle Plan ist, dies bis 2020 zu schaffen. Bis dahin wird am jetzigen Standort (Lortzingstraße 3, Anm. d. Red.) besuchertechnisch wohl nicht viel passieren. Derzeit dürfen nur 30 Personen zeitgleich in die Ausstellung. Die Sonderausstellung im Erdgeschoss ist zu den Öffnungs­zeiten normal zugäng­lich, aber die Dauerausstellung kann von Ein­zel­besuchern an Werktagen nur mit Voranmeldung besucht werden.

    Das "alte" Naturkundemuseum in der Lortzingstraße am Ring

    Das „alte“ Naturkundemuseum in der Lortzingstraße am Ring

    Warum müssen Sie denn eigentlich raus aus dem jetzigen Gebäude?
    Das Gebäude kann in seiner derzeitigen Verfassung nicht mehr uneingeschränkt für Besucher geöffnet werden. Der Brandschutz ist dabei das größte Problem. Alles auf den aktuellen Stand zu bringen und das Haus von Grund auf zu modernisieren, würde sehr lange dauern und viel kosten. Man muss als Besucher zwar derzeit keine Angst haben, aber man kann keinen typischen Museumsverkehr mehr gewährleisten.

    Haben Sie Zweifel daran, ob die Baumwollspinnerei ein geeigneter Standort ist?
    Ich halte es für einen großen Wurf, dass die Stadt die Baumwollspinnerei gewählt hat. Ich finde, ein Naturkundemuseum passt dort extrem gut hinein. Da hat es gleich den Bezug zur Kunst. Im Vergleich zum jetzigen Gebäude ist die Halle 7 durch den industriellen Charakter mit den hohen Decken außerdem viel offener und flexibler. Ich möchte unser Naturkundemuseum aus den grauen Vorzeiten hervorholen.

    Was fasziniert Sie so an der Natur?
    Die Natur als Ganzes, als großes Konstrukt, ist ja an sich omnipräsent. Wir sind ständig von ihr umgeben. Sie ist der größte Künstler. Die Natur macht Musik, die Natur malt. Sie ist höchst inspirierend und schafft es, die Menschen zu begeistern.

    Leipzig verbindet man mit gro­ßen Kulturhäusern der Musik, Kunst und Zeitgeschichte. Was ist Ihrer Ansicht nach der Grund dafür, dass das Naturkundemuseum bisher eher im Hintergrund stand?
    Wir haben zwar hervorragende Objekte, sogar eine der besten Präparatensammlungen, aber das Museum ist in den 80er Jahren stehen geblieben. Heute hat es nicht mehr die Ausstrahlungskraft und ist daher kein Besuchermagnet. Das Natur­kund­e­mu­­seum ist und bleibt eine we­sentliche Komponente der Stadt und muss letztendlich auch auf eine Ebene geführt werden mit den anderen kulturellen Angeboten.

    Wie soll das neue Museum denn aussehen?
    Ich möchte etwas kreieren, das wegweisend ist. Man soll zu uns kommen und es als Vorzeigeprojekt verstehen, so wie es Leipzig gebührt. Gerade weil der neue Standort schon so kreativ ist, können wir da aus dem Vollen schöpfen. Wir werden beispielsweise durch Video- und Musikinstallationen verschiedenste Ef­fekte einspielen. Es soll multi­mediale Objekte geben und ganz viel zum Anfassen.
    Diese Aufgabe ist hervorragend für einen Menschen wie mich, der gerne Ausstellungen macht, kreativ ist und Visionen hat. Es war außerdem immer mein größter Traum, auch mit Künstlern zusammen zu arbeiten.

    Wie viele der alten Exponate werden wir in der Spinnerei wiederfinden?
    Es kommen viele Objekte auch in das neue Naturkundemuseum, aber diese werden dann völlig neu interpretiert. Bei den Präparaten zum Beispiel soll die alte Art und Weise der Präparierung einer neuen Technik gegenübergestellt werden. Diese er­möglicht es, die Tiere viel lebens­naher aussehen zu lassen. Sie wirken dann, als seien sie wirklich gerade im Sprung – wie Schnappschüsse. Ich habe schon sehr genaue Vorstellungen, wie das dann aussehen soll. Aber das möchte ich jetzt noch nicht verraten.

    Fotos: Juliane Siegert

    Ronny Leder: "Die Natur macht Musik"

    Ronny Leder: „Die Natur macht Musik“

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