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    Bundestag verabschiedet neues Urheberrechtsgesetz

    In der letzten Plenarsitzung der Legislaturperiode der Bundesregierung, stimmte bei Enthaltung der Grünen und Gegenstimmen der Linken mit Union und SPD eine Mehrheit für eine Urheberrechtsreform. Diese schafft der wissenschaftlichen Nutzung von Literatur große Freiräume. Der Forschungsstandort Deutschland soll weiter gestärkt werden und das Arbeiten in Bildungsstätten erleichtert werden. Zudem werden die Rechte von Urhebern gestärkt.

    Ende 2016 verkündeten viele Universitäten, darunter auch die Uni Leipzig, Literatur müsse von Online-Hochschulplattformen entfernt werden, da der Rahmenvertrag für die Nutzung ausgelaufen war. Es konnte kein neuer Vertrag geschlossen werden, weil die Verwertungsgesellschaft (VG) Wort, die sich um die Rechte von Autoren kümmert sich mit den Hochschulen nicht einig werden konnte. Bis 2016 war pro Jahr eine pauschale Bezahlung der Nutzungsrechte vereinbart gewesen, die sich nach einem statistisch erarbeiteten Schlüssel berechnete. Die VG Wort hatte gefordert, dass ab 2017 die Nutzung aller Werke einzelnd vergütet werden sollten. Als sich mehrere Hochschulen mit dem Argument nicht tragbarer logistischer Schwierigkeiten dagegenstellten, begannen die Verhandlungen zu wanken. Statt einer kurzfristigen Entscheidung wurde eine Schonfrist bis September 2017 ausgehandelt. In dieser Zeit sollte die Pauschalvergütung gelten, während neue Verhandlungen stattfinden.

    Nach dem sogenannten „Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz“ können nun zukünftig bestimmte urheberrechtliche Werke ohne Anfrage des Rechteinhabers für wissenschaftliche Zwecke genutzt werden. Im Gegenzug soll eine „angemessene Entschädigung“ für die Dienste gezahlt werden.

    Gegen diesen Vorschlag waren einige Verlage und Zeitungen Sturm gelaufen. Sie warfen den Gesetzesschöpfern Enteignung und Angriffe auf ihre wirtschaftliche Grundlage vor. Große Tageszeitungen wie „Die Zeit“ und „FAZ“ kritisierten den Entwurf des Gesetzes. In ganzseitigen Anzeigen argumentierten sie, dass durch die freie Verfügbarkeit archivierter Artikel ein großer Teil ihrer Einnahmen wegfallen würden, da bislang für den Zugang zu Zeitungsarchiven Gebühren fällig werden. Somit versiegt in Zeiten schwindender Werbeeinnahmen eine einfache und essenzielle Einkommensquelle. Auch die VG Wort und die „Initiative Urheberrecht“ hatten sich gegen den Entwurf gestellt.

    Nach dem neuen Gesetz dürfen 15 Prozent der Fachliteratur und Zeitungsartikel vollständig verwendet werden, ohne dass eigene Lizenzvereinbarungen zwischen Universitäten und den Urhebern getroffen werden müssen.

    Charlotte Bauer, stellvertretende Direktorin der Universitätsbibliothek Leipzig, kann die Vorwürfe nicht nachvollziehen: „Kein Mensch käme auf die Idee, urheberrechtliches Material einfach so in‘s Netz zu stellen. Eine Reform würde nichts an den Tatsachen ändern.“ Sie vertritt die Ansichten des Deutschen Bibliotheksverbands. Dieser wirft Zeitungen die Verwendung polemischer und stark verzerrender Argumente vor und sieht die Entwicklungen mit Sorge.

    Auch Daniel Irmer, Sprecher der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS), begrüßt die Gesetzesnovelle: „Die großen Verlage bedienen sich der Publikationen von Wissenschaftlern, die von den Hochschulen bezahlt werden und verkaufen die Lizenzen überteuert zurück. Dabei werden Gewinnmargen von bis zu 40 Prozent erzielt. Hier sehen wir die Notwendigkeit einer Reform.“ Am neuen Gesetz gebe es aber noch Optimierungsbedarf. Die KSS fordert unbeschränkten Zugang zu Wissenschaftsliteratur, was in der Form bis jetzt nicht vorgesehen ist. Die Reform ist vorerst bis 2023 befristet und soll dann evaluiert werden.

    Eine Initiative, die den Problemen entgegenwirken soll, ist die open-access-policy, die auch von der Universität Leipzig unterstützt wird. Die grundlegende Idee ist, dass Veröffentlichungen zukünftig über Open-Access-Zeitschriften vollzogen werden sollen, die weltweit kostenlos und ohne Einschränkungen zugänglich sind. Diese Methode bietet mehrere Vorteile: Durch den freien Zugang können Plagiate und Mängel schneller erkannt und beseitigt werden. Die Zitationszahlen werden auf natürliche Weise erhöht und bilden ein großes Netzwerk an Literaturverknüpfungen. Insgesamt wird der globale Wissenschaftsaustausch leichter, schneller und produktiver.

    Neben der Universität Leipzig unterstützen zahlreiche weitere Hochschulen und Forschungseinrichtung die Initiative. Die Verbreitung soll vorangetrieben werden, indem Forschende angehalten werden, sich Veröffentlichungsrechte einzubehalten und sich bei den Open-Access-Zeitschriften zu engagieren.

     

    Foto: Marie Zinkann

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