Zwischen Rollkoffern und Bücherfans
Autogrammjagd auf der Frankfurter Buchmesse
Die Messehallen in Frankfurt erinnern dieser Tage beinahe an einen Flughafen. Lange Gänge mit Laufbändern, geschäftige Menschen mit Rollkoffern und dazwischen orientierungslose Familien mit quengelnden Kindern. Und ich mitten drin. Doch zu welcher Gruppe gehöre ich? Einen Rollkoffer habe ich schon mal nicht. Ich verstehe auch nicht, warum jemand so ein Ding mit auf die Frankfurter Buchmesse bringen sollte. Schließlich ist doch eigentlich klar, dass dort viele Menschen sein werden und dass dieser Rollkoffer, den man hinter sich herziehen muss, nur stört. Sowohl einen selbst, da man sich durch die orientierungslosen Massen nicht eben mal schnell durchzwängen kann und auch die umstehenden Menschen, die dann zwangsläufig ständig über diese Rollkoffer stolpern. Aber irgendwie scheint es für Verlagsvertreter in Anzug oder Kostüm dazu zu gehören, so ein Teil mit sich rum zu ziehen. Nach ein bis zwei Stunden wünsche ich mir dann auch, dass ich meine Bücher auf diese Art und Weise hinter mir her ziehen könnte, da der Rucksack auf Dauer doch recht schwer wird.
Vielleicht gehöre ich aber ebenso zu den geschäftig aussehenden Menschen? Schließlich habe ich einen Presseausweis und bin somit offiziell eine von 10.000 Journalisten und Bloggern, die sich für die diesjährige Frankfurter Buchmesse angemeldet hatten. An jenem Samstagmorgen stehe ich jedoch eher orientierungslos in der Eingangshalle, inmitten der, laut offizieller Pressemeldung, rund 286.425 Besuchern. Allgemein kann man die Buchmesse dann grob in zwei Teile teilen. Die geschäftigen Verleger hetzen von Meeting zu Meeting, von Preisverleihung zu Preisverleihung und versuchen so viele Kontakte zu knüpfen wie möglich. Der Freizeitbesucher dagegen will meist einfach nur einen schönen Tag mit seiner Familie verbringen, neue Bücher und Verlage kennenlernen, vielleicht ein paar Autogramme sammeln, auf jeden Fall aber ein paar Kugelschreiber und Taschen. Taschen gibt es auf der Buchmesse dieses Jahr wirklich genug. Die Auswahl an Kugelschreibern hält sich hingegen in Grenzen – vor allem für mich Studentin wirklich ein Jammer.
Gut, dass ich wenigstens noch auf Autogrammjagd gehen kann. Doch auch das gestaltet sich in vielen Fällen eher als schwierig. Denn ich bin nicht allein mit meinem Wunsch. Es sind wirklich viele große und bekannte Autoren gekommen, für jeden Lesegeschmack ist etwas dabei. Für Thrillerfans signiert Sebastian Fitzek, die Leser von Liebesromanen kommen bei Nicholas Sparks auf ihre Kosten und die Fantasy- und Jugendbuchabteilung wird von Cassandra Clare abgedeckt. Bei allen drei Autoren und noch vielen weiteren bekannten Schriftstellern sind die Signierschlangen gefühlt endlos. Schon zwei Stunden bevor Cassandra Clare überhaupt signiert, stehe ich in der Schlange, nur um nach drei Stunden Warten und Hoffen doch ohne Autogramm weggeschickt zu werden. Doch obwohl es einem im ersten Moment so vorkommt, war das Schlangestehen keinesfalls umsonst. Denn wo sonst trifft man so viele begeisterte Leser, die sich sogar wie ihre Lieblingscharaktere verkleiden, nur um der Autorin zu zeigen, wie sehr ihnen die Bücher gefallen haben? Zum Glück habe ich bei anderen Autoren mehr Erfolg und ergattere an diesem Wochenende doch noch das ein oder andere signierte Buch sowie ein „Hi, how are you?“ von einer Autorin, in diesem Fall von Jennifer L. Armentrout, die vor allem Bücher im Bereich Fantasy schreibt und mit ihrer „Obsidian“-Reihe sehr erfolgreich war.
Von den politischen und medienrelevanten Geschehnissen wie der Auseinandersetzung von linken und rechten Gruppierungen, der Verleihung des deutschen Buchpreises oder dem Gastland Frankreich bekomme ich als Freizeitbesucher dann aber doch recht wenig mit. Dafür hätte ich mich dann anscheinend doch eher der gestresst und geschäftig wirkenden Gruppe anschließen müssen. Wer weiß, vielleicht werde ich das eines Tages tun, doch bis es so weit ist, stelle ich mich gerne bei jeder Buchmesse wieder in die unendlichen Schlangen, treffe interessante und buchbegeisterte Leute und freue mich über ein scheinbar ehrlich gemeintes „Hi! How are you?“.
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