Schweizer Charme auf Hochdeutsch
Singer/Songwriter Faber präsentierte neues Album im Täubchenthal
Fünf Luftballons fliegen durch die Luft. Darunter springen junge Leute euphorisch in die Luft und schreien „Wenn du dann am Boden bist, weißt du wo du hingehörst.“ Zum Glück ist dann aber niemand am Boden verblieben. Faber, ursprünglicher Texter dieser Zeilen, lacht verschmitzt ins Publikum und streicht sich seine dunklen Locken aus dem Gesicht. Er fährt fort: „Wenn du ganz alleine bist, weißt du, dass du irrst“. Man dreht sich um, anscheinend irrte man nicht, als man die Karten für das Konzert kaufte. Das Täubchenthal, Bühne für verschiedenste Musiker aus aller Welt, ist ausverkauft, auch oben auf den Rängen stehen bewegungsunmotivierte Fans, wackeln sogar durchs Geländer mit den Beinen. Auf dem Parkett wirbeln die Leute durcheinander, unter ihnen ein 2,10m-Mann, womöglich wurde der Moshpit zur Bewegung solcher Sichthindernisse erfunden.
Faber, mit richtigem Namen Julian Pollina, hat am 28. Oktober in Leipzig samt seiner Band mit dem glorreichen Namen Goran Koç y Vocalist Orkestar Band gespielt und begeistert. Die Band, bestehend aus einem Pianisten, der Akkordeon spielt, einem Schlagzeuger, der Posaune spielt, einem Gitarristen, der Darbuka spielt und einem Bassisten, der auch ein Cello streicht, bringt den Raum wahrhaftig zum Tanzen.
Das Songrepertoire geht von Salsaklängen bis zu ruhigen Liedern, bei der die Gitarrensaiten nur begleitend schwingen. Dabei hangelt man sich durch die Songs des neuen und einzigen Albums und schmunzelt über die zahlreichen Wortspiele wie:
„Mein Dorf ist grau
Mein Alltag und meine Alte auch
Nur die „Bunte“ bringt hier Farbe ins Haus.“
In einem neuen Lied gibt es außerdem eine Anspielung auf’s Facebookprofil-Checken. In der Ferne vernimmt man ein einsames Klatschen. Referenzen des 21. Jahrhunderts.
Fabers raue Stimme nimmt den gesamten Raum ein, dieser Mann weiß sich mit seinen 23 Jahren durchaus zu inszenieren. Eingehüllt ins grelle Scheinwerferlicht und die rhythmischen Takte der Band stemmt er seine Fäuste gen Boden und spannt seinen Körper an, bis dieser vibriert. „Du wärst so gern wie er“, durchdringt es „Brüstebeinearschgesicht“ der Zuhörer, gleichzeitig der Titel des Liedes. Die Textzeile dürfte auf einige Zuhörer zutreffen.
Man merkt, auch die Musiker haben Lust auf das Konzert und können es wertschätzen, dass die Halle voll ist. Das sind wohl die schönen Seiten einer jungen Musikkarriere. Tatsächlich knistert es zwischen Publikum und Band. Die Musiker treiben es zur Spitze, in dem sie sich auf der Bühne gegenseitig lasziv antanzen bis Bassist auf Sänger sitzt und die Musiker sich küssen. Eingeübte Spontanität? Dem Zuschauer gefällt’s jedenfalls. Faber singt „Bleib dir nicht treu“ und tut es dann selbst doch. Spielt die größten Hits am Ende, wenn man nach den wenigen Jahren denn überhaupt von größten Hits sprechen kann.
Leider geht das Konzert nicht Tausendfrankenlang, sondern nur 22,70-Euro-lang, immerhin aber auch über zwei Stunden. Und das sind zwei volle Stunden glücklichen Tanzens.
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