Liebes Lauftagebuch
Trainingsdokumentation mit „Time To Run“ von den Hahner-Zwillingen
Laufen ist Volkssport. Noch nie ist mir auf meiner Standardrunde am Elsterbecken niemand laufend entgegen gekommen. Was mir auch selten passiert: Jemand kommt mir ohne Smartphone entgegen. Laufapps werden immer beliebter. Mit meinem analogen Lauftagebuch bin ich langsam antik. Wer noch gerne einen ausführlichen Überblick über das absolvierte Training hat (sei es auch nur, um nach übermäßigem Süßigkeitenkonsum stolz darauf zu gucken), das Telefon beim Laufen zu nervig und sperrig findet, oder einfach Datenklauparanoia hat, dem empfehle ich ein altmodisches Trainingstagebuch (ja, aus Papier).
Eine der vielen vorgefertigten Varianten ist das Trainingstagebuch „Time To Run“ von Anna und Lisa Hahner. Die Zwillinge sind Profi-Marathonläuferinnen und bieten in ihrem Buch nicht nur Platz zur Dokumentation des Trainings, sondern auch reichlich Tipps und Tricks rund ums Laufen und das allgemeine Sportler-Dasein.
Das 240-seitige Buch umfasst ein Trainingsjahr. Auf einer Doppelseite ist eine Woche untergebracht. Direkt zu Beginn sieht man jeweils eine Beispielseite von Anna und Lisa Hahner und wird erschlagen von hunderten Kilometern, die in einer Woche gelaufen und geradelt wurden. Berechtigte Frage: Werde ich das Tagebuch jemals füllen können? Der für jeden Tag vorgesehene Platz schreit auch danach gefüllt zu werden. Ich mag gar nicht anfangen, denn schließlich will ich nicht mit einer „luschigen“ Woche beginnen, in der nur an zwei Tagen gesportet wurde. Dann bleiben ja fünf Felder im Tagebuch frei. Aber gut, Anna und Lisa sind Profisportlerinnen und müssen neben ihrem Training keine Seminarvorträge vorbereiten und Masterarbeiten schreiben. Wenn man das im Kopf behält, dann sieht so eine an zwei bis drei Tagen ausgefüllte Trainingswoche schon gar nicht mehr so schlecht aus.
Die Kombination aus Trainingstagebuch und Ratgeber gefällt mir ausgesprochen gut. Die zwölf Kapitel von Zielsetzung über Ernährung bis Rückschläge lesen sich locker leicht zwischendurch. Der Umfang ist gut gewählt. Die Texte sind kurzweilig. Klar, es handelt sich nicht um super neue Erkenntnisse. Die meisten Tipps hat man schon einmal gehört, aber die persönlichen Erfahrungsberichte und Anekdoten machen den Ratgeber-Teil unterhaltsam. Die Zwillinge verfolgen eine Jeder-Körper-ist-anders-und-hat-andere-Bedürfnisse-Philosophie. Außerdem machen sie mehrfach darauf aufmerksam, dass sie Profisportlerinnen sind und ihr Tagesablauf kein Maßstab für Freizeitsportler sein sollte. Die beiden versuchen, nett zu motivieren, teilen ihre Erfahrungen mit Training, Wettkämpfen und auch Verletzungen, immer darauf bedacht, dass niemand aggressiv zum Sport aufgefordert wird. Die Grundmotivation muss von einem selbst kommen. Wenn man das Laufen liebt, dann kann man mit „Time To Run“ das Training aufpeppen und verschiedene Motivations- und Wettkampfhelfer ausprobieren.
Wer nur seine gelaufenen Kilometer aufschrieben möchte, dem reicht natürlich ein Vermerk im normalen Kalender, aber um mehr Trainingsdetails, auch Eckdaten zum Alternativtraining, festhalten zu können, ist dieses Trainingstagebuch optimal.
Übrigens, die enttäuschende Erkenntnis aus dem Ernährungskapitel lautet: „Laufen ist kein Freifahrtschein für unbegrenzten Schokoladenkonsum“. Schade.
Erschienen im Spomedis Verlag, 2016
Hochschuljournalismus wie dieser ist teuer. Dementsprechend schwierig ist es, eine unabhängige, ehrenamtlich betriebene Zeitung am Leben zu halten. Wir brauchen also eure Unterstützung: Schon für den Preis eines veganen Gerichts in der Mensa könnt ihr unabhängigen, jungen Journalismus für Studierende, Hochschulangehörige und alle anderen Leipziger*innen auf Steady unterstützen. Wir freuen uns über jeden Euro, der dazu beiträgt, luhze erscheinen zu lassen.