Mendelssohn mal anders
Das Mendelssohn-Haus Leipzig erhält den Geist des berühmten Komponisten mit zahlreichen Veranstaltungen am Leben. Führungen durch das interaktive Museum und Salonkonzerte stehen auf dem Programm.
„So lang man nüchtern ist, gefällt das Schlechte / Wie man getrunken hat, weiß man das Rechte“ dringt es aus den Kopfhörern und der Gedanke, dass Felix Mendelssohn Bartholdy dieses Goethe-Gedicht wirklich vertont hat, will noch nicht so ganz in meinen Kopf.
Geschichte trifft Moderne
Ich befinde mich im Erdgeschoss des Mendelssohn-Hauses und habe mit einem Tablet Zugriff auf Aufnahmen sämtlicher seiner Werke. Hier hat Mendelssohn seine letzten Lebensjahre verbracht und ist mit nur 38 Jahren gestorben.
So authentisch wie möglich hat man mit Liebe zum Detail versucht, seinen letzten Wohnsitz im Stile des Spätbiedermeiers nachzubauen. Die originale, knarrende Treppe rundet das historische Ambiente ab. Veraltet ist das Museum jedoch keinesfalls. Ganz im Gegenteil strotzt es vor Tablets, Filmen und Musik. Man kann sogar in Mendelssohns Leben eintauchen, indem man selbst zum Taktstock greift, sich historische Kostüme überstülpt oder ein altes Kochrezept mitnimmt.
Besuch auf Langzeit
Obwohl Mendelssohn als jüngster Gewandhausdirektor mit seinem vielseitigen Schaffen und der Gründung der heutigen Hochschule für Musik und Theater ein eigenes Museum füllen würde, hat er seit Kurzem Gesellschaft: Seiner Schwester Fanny gehört nun die dritte Etage.
Hier empfängt den Besucher eine lichtdurchflutete Wohnung, in der aus allen Ecken Lieder aus Fannys Klavierzyklus „Das Jahr“ ertönen. Laut ihrem Bruder hatte Fanny eine große Begabung für das Schaffen von Melodien, sie schrieb „die schönsten, die je ein Mensch auf Erden machen kann“. Trotz dieses Talents wurde Fanny nicht berühmt. Öffentliches musikalisches Auftreten war für Frauen dieser Zeit nicht vorgesehen. Und so blieb sie trotz 250 Liedern, 150 Klavierstücken und anderen Werken weitgehend unbekannt.
Oper mal anders
Die Erinnerung an sie und ihren Bruder versuchte Kurt Masur, von 1970-1997 Gewandhausdirektor, durch die Gründung der Internationalen Mendelssohn-Stiftung e. V. im Jahr 1991 wiederzubeleben. Seitdem gibt es zahlreiche Veranstaltungen wie zum Beispiel die Reihe „Oper mal anders“ (kurz: Oma) von Richard Vardigans.
Von Mozart bis Wagner taucht Vardigans nur mit Hilfe eines Flügels in unterschiedlichste Opern ein. Dabei steht er immer mal wieder auf, erklärt, was gerade auf der Bühne passiert oder informiert über musiktheoretische Hintergründe. So kommen Kenner auf ihre Kosten und auch Einsteiger gehen mit Wissen über Bass-Arien, musikalische Motive und die Todestonart g-Moll aus dem Konzert. Vardigans lässt es sich hierbei nicht nehmen, mit seinem englischen Akzent auf eine humorvolle Weise Parallelen zwischen Oper und Politik zu ziehen oder das ein oder andere Musikplagiat aufzudecken.
„Oper mal anders“ folgt dem Spielplan des Leipziger Opernhauses und eignet sich somit als Ergänzung zu – oder als Vorschau auf – einen Besuch in der Oper. Genauso gut aber auch als Sonntagsaktivität mit anschließendem Rundgang durch das Mendelssohn-Haus.
Das Museum im Mendelssohn-Haus (Goldschmidtstraße 12) hat täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, sonntags 11 Uhr gibt es Konzerte im Musiksalon.
Fotos: Yannic Borchert
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