Vom 40. Geburtstag der Tigerente bis zum 200. Todestag von Karl Marx
Zwischen dem Duft von frisch gedruckten Worten und signierten Büchern bietet die diesjährige Leipziger Buchmesse viel Stoff für angeheizte Debatten.
„Bleibt es dabei, dass auch rechtsradikale Verlage ausstellen dürfen?“, fragt Hauptredaktionsleiter Reinhard Bärenz von MDR Kultur zu Beginn der diesjährigen Pressekonferenz im Vorfeld der Leipziger Buchmesse. Oliver Zille, Direktor der Buchmesse antwortet darauf mit Paragraph 5 des Grundgesetzes: „Jeder Verlag, der sich in diesem Rahmen bewegt, darf auch ausstellen.“ Nach einem literarischen Einstieg durch Poetry Slammer Dominik Erhard und einer kurzen Vorstellung der Podiumsgäste, wird anschließend das Programm der Messe vorgestellt.
Fokus legen die Veranstalter vor allem auf den Denk-Raum Europa21, der dieses Jahr zum dritten und letzten Mal stattfinden wird. In einem zwecks dafür eingerichteten Bereich auf der Messe wird es möglich sein konstruktive Streitgespräche mit Literaten und Akademikern über gesellschaftliche Debatten von morgen zu führen und Werte auf den Prüfstand zu stellen. Zille betont, dass politische Bildung stark mit Medienbildung zusammenhängt. „Europa21 stellt ein gutes Podium dar, um über Lösungen nachzudenken“, sagt er und leitet über zu einem Projekt für Schüler und Familien, das sich „digitales Labor“ nennt und sich abseits von Mainstream-Bildungskonzepten bewegt. Ebenso wie Belletristik und Sachbücher ist auch die Kinder-und Jungendliteratur stark vertreten, es ist auch in diesem Genre ein Ausstellerzuwachs zu beobachten. „Vom 40. Geburtstag der Tigerente bis zum 200. Todestag von Karl Marx haben wir dieses Jahr viele Themen abgedeckt.“, sagt Ziller mit einem Zwinkern zum Abschluss.
Bärenz, MDR Kultur, stellt außerdem Luminita Corneanu vor, die als Abteilungsleiterin für Literatur im Ministerium für Kultur in Rumänien arbeitet und das Gastland bei der Buchmesse vertritt. „Warum Rumänien?“, fragt Bärenz genauer nach. „Es gibt viele unbekannte, junge Autoren in diesem Land. Die Buchmesse stellt eine interessante literarische Bühne für mögliche Vertragspartnerschaften dar. Außerdem haben wir eine sehr positive Sicht auf Europa, denn durch europäische Mittel konnte unserem Land vieles ermöglicht werden. Ich freue mich sehr mich diesem Land so zugehörig zu fühlen und möchte eine europäische Haltung weiter fördern.“, so Corneanu. Auf was man sich freuen könne? „Ganz sicher auf neue Autoren und Bücher, denn Literatur bringt Menschen dazu die Sichtweise der anderen zu verstehen oder es zumindest zu versuchen. Aber auch auf eine andere Darstellung der rumänischen Kultur, als sie in Europa üblich ist.“, antwortet Corneanu.
Der letzte Podiumsgast ist June Tomiak (Bündnis 90/Die Grünen), die mit 19 Jahren als jüngste Vertreterin in das Berliner Abgeordnetenhaus einzog. Sie schildert Bärenz ihr Leben zwischen Politik und Studium und die Relevanz von politischer Partizipation. „Ich muss schon ein paar Abstriche im Studentenleben machen. Ich kann nicht bis morgens feiern gehen, wenn am nächsten Tag ab acht Uhr ein zehnstündiges Plenum stattfindet.“, sagt sie. In einem Gespräch nach der Pressekonferenz erklärt sie weiter, dass es wichtig sei, kein Desinteresse zu zeigen. „Beispielsweise spielen in Berlin die vegane oder vegetarische Lebensweise eine große Rolle. Es geht um Umweltschutz. Man kann solche Themen zu einer Debatte übersetzen. Man kann sich fragen was einem wichtig ist und sich dann entscheiden, wo man mitarbeiten möchte.“, möchte Tomiak jungen Menschen mit auf den Weg geben, wenn es um politische Partizipation geht. Die Möglichkeit sich an der Universität politisch zu engagieren war für sie keine Option. „Ich habe mich gefragt, ob es einfach nur der StuRa werden soll, ob ich wieder Gefahr laufen möchte nicht ernstgenommen zu werden. Ich wollte nicht wieder nicht mitentscheiden können und darüber frustriert sein.“ Dennoch sei es in Tomiaks Augen wichtig Gruppen und Gremien an der Universität zu unterstützen und gegen das Gefühl der Frustration anzukämpfen.
Auch wenn die diesjährige Leipziger Buchmesse stark politisch nuanciert ist, lassen sich auch hochkarätige Literaten wie Bernhard Schlink, Peter Stamm, Frauenschmeichler Guido Maria Kretschmer, Krimiautor Sebastian Fitzek, Jojo Moyes, Sachbuchautor Herfried Münkler und viele andere antreffen. Mit über 2500 Ausstellern, 3400 Mitwirkenden in 3600 Veranstaltungen und rund 550 Bühnen in und um Leipzig hat die Messe, die vom 15. Bis 18. März stattfindet, für jeden Besucher etwas zu bieten. Die Frage, was Literatur für unsere heutige Gesellschaft sein kann, wird vielleicht beantwortet. Sei es schriftlich durch Entdeckung neuer Bücher oder mündlich in Debatten mit den Dichtern und Denkern unserer Zeit.
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