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  • Midlife-Crisis ohne Crisis

    Natürlich erwartet uns Ben Stiller mit einer Komödie. Aber „Im Zweifel glücklich“ fühlt sich von Anfang an anders an.

    Im Vergleich zu „Nachts im Museum“ oder „Zoolander“ liefert der Film keine Fließband-Gags, keine Schenkelklopfer und überzogenen Charaktere. Hier wird alles nur angedeutet, mit leisen Worten und unaufdringlichen Szenen – überraschend angenehm.

    Brad Sloan (Ben Stiller) führt ein glückliches Leben mit seiner Frau Melanie (Jenna Fischer) und seinem Sohn Troy (Austin Abrams). Eigentlich mag er sein Leben und die Arbeit im Non-Profit-Bereich – bis er gemeinsam mit Troy mögliche Colleges an der US-Ostküste besichtigt. Dies weckt Erinnerungen an seine eigenen College-Tage und Brad kann das bittere Gefühl nicht abschütteln, dass seine Freunde von damals weit mehr aus ihrem Leben gemacht haben als er selbst: Während Nick (Mike White) eine große Nummer in Hollywood ist, Jason (Luke Wilson) als Hedgefonds-Manager Erfolge feiert, Politik-Koryphäe Craig (Michael Sheen) einen Beststeller nach dem anderen verfasst und auch Technik-Unternehmer Billy (Jemaine Clement) in Geld schwimmt, fristet Brad ein eher gewöhnliches Dasein. Als er sich gezwungen sieht, zu seiner alten Clique wieder Kontakt aufzunehmen, hält sich seine Begeisterung in Grenzen und er tut, was man nicht sollte: er beginnt, sein Leben mit dem der andern zu vergleichen.

    Unwohles Gefühl neben seinem erfolgreichen College-Kumpel

    Brads erfolgreiche College-Freunde lösen bei ihm einen Minderwertigkeitskomplex aus.

    Die männliche Midlife-Crisis filmisch auszuschlachten, ist keine Neuheit. Aber Stiller spielt sie hier auf neue Art – melancholisch und humorvoll zugleich.  Sein Filmcharakter Brad wird das Gefühl nicht los, dass ihm die Zeit verloren geht und überträgt seine Panik auf Troy: Was, wenn sein Sohn nichts aus seinem Leben macht? Was, wenn er – wie sein Vater – ein Loser wird? Was, wenn er später auch realisiert, dass sein ganzes Lebenswerk sinnlos war und er nichts vorzuweisen hat? Und so sieht sich Troy mit dem verbissenen Druck seines Vaters konfrontiert, der ihn um alles in der Welt auf das beste College bringen will – nach Harvard.

    Auch wenn die Charaktere (hier im Besonderen Brads gutmütige Frau Melanie) nicht besonders tief gezeichnet sind, funktioniert ihr Zusammenspiel hervorragend. Ben Stiller ist ja sowieso ein sympathischer Charmeur – und in Charakterrollen wie diesen überzeugt er am meisten: als pessimistischer und erfolgsgieriger Normalotyp, der sich in seinem Leben gefangen sieht („Die Welt hasste mich – und das beruhte auf Gegenseitigkeit.“) und Druck auf sich und Sohn ausübt, um schließlich festzustellen, dass (Spoileralert!) das Leben der anderen auch nicht perfekt ist. Klingt nicht sonderlich innovativ, ist aber so wunderbar unaufgeregt und klischeelos inszeniert, dass man stundenlang zugucken könnte. Klingt auch viel zu melancholisch für einen lustigen Film, aber kurzweiliger als jene Filme mit den Gag-Feuerwerken.

    Ebenfalls komödienuntypisch ist das offene Ende. Aber das ist das Beste, was dem Film hätte passieren können – denn die finale Botschaft ist so leise, dass sie umso lauter nachhallt.

     

    Ab 29. März im Kino

     

    Fotos: Copyright Annapurna Pictures

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