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  • „Ich hätte Angst, dass mein Kopf sonst platzen würde“

    Jan Philipp Zymny steht seit Jahren an der Spitze des deutschen Poetry-Slams. student!-Redakteurin Maren Petrich erzählt er von seiner aktuellen Show und verrät, warum er noch nicht in Leipzig wohnt.

    Als zweifacher deutscher Meister wagt sich Jan Philipp Zymny erneut über die Grenzen des Poetry-Slam-Formats. Nach dem Erfolg seiner ersten Solo-Show tourt er nun mit seinem Programm „Kinder der Weirdness“ durch den deutschsprachigen Raum. Dabei macht er auch Halt in Leipzig.

    student!: Am 3. Mai kommst du nach Leipzig. Wie blickst du diesem Auftritt entgegen?
    Zymny: Ich freue mich auf jeden Fall, mein zweites abendfüllendes Solo-Programm dort präsentieren zu können. Bei dem Termin in Leipzig findet zusätzlich die DVD-Aufzeichnung statt. Da das erst meine zweite DVD ist, finde ich das alles immer noch sehr aufregend und neu. Dieser eine Moment wird einfach für die Ewigkeit aufgezeichnet, was Verantwortung mit sich bringt, das ordentlich zu machen. Aber genau deshalb habe ich die Aufnahme nach Leipzig verlagert. Hier fühle ich mich wohl und mag das Publikum sehr.

    Wenn Leipzig so schön ist, warum wohnst du dann noch nicht hier?
    Weil mein gesamtes Umfeld abseits von der Bühne sich nun mal in und um Bochum herum befindet. Wäre das nicht der Fall, würde ich jetzt wahrscheinlich in Leipzig wohnen.

    Was ist dein Lieblingswort?
    Zurzeit Möngeldöngel. Ich habe mich noch nicht entschieden, wofür ich das verwenden soll. Momentan versuche ich es als Fluch-Ersatz zu verwenden. Das entschärft immer gleich die Situation.

    Welcher Fan ist dir am meisten im Kopf geblieben?
    Als ich noch mein erstes Programm gespielt habe, kam nach einer Autogrammstunde auf einmal so ein Mädel mit Katzenschwanz und Katzenohren auf mich zu. Die hat mir übers Gesicht geleckt und gesagt: „Was ich anlecke, gehört mir“. Ich war so verdutzt, dass ich gar nicht wusste, was ich sagen soll. Also habe ich einfach nur gelacht, weil das so wunderbar weird war.

    Woher kommt die so oft in deinen Texten aufgegriffene Weirdness?
    Weirdness ist eine logische Konsequenz aus dem Umstand, dass wir alle unterschiedlich sind. Da jeder Mensch andere Erfahrungen macht und die auch noch anders bewertet, sind wir zwangsläufig alle unterschiedlich. Wenn diese Unterschiede dann aufeinanderprallen, finden wir das weird, weil wir das aus unserem Umfeld einfach nicht gewohnt sind.

    Für Mate fehlen ihm Geschmacksknospen – um Orangen zu rauchen anscheinend nicht

    Für Mate fehlen ihm Geschmacksknospen – um Orangen zu rauchen anscheinend nicht

    Bekommst du auch Facebook-Spam, der weird ist?
    Hin und wieder bekomme ich ein paar ulkige Anfragen. So nach dem Motto: „Hey Jan Philipp, wir machen ganz im Süden Bayerns eine Geburtstagsfeier für meinen hundertzwölfjährigen Opa. Willst du nicht vorbeikommen und einen Text über ihn schreiben? Wir können leider keine Gage oder Fahrkosten bezahlen, aber du kannst was vom Buffet essen“. Das wäre schon ein ziemlich großer Freundschaftsdienst, wenn ich das für einen Unbekannten machen würde.

    Warum schreibst du Texte?
    Ich kann nicht anders, es ist schon eine Art Imperativ in meinem Leben. Die ganzen seltsamen Ideen und Gedanken, die sind einfach da und müssen verarbeitet werden. Das geht am besten, indem man sie rauslässt und da bietet Schreiben eine der strukturiertesten Möglichkeiten. Ich hätte Angst, dass mein Kopf sonst platzen würde (lacht).

    AM 3. Mai im Kupfersaal in Leipzig

    Am 3. Mai im Kupfersaal

    Kannst du dir einen Beruf nach dem Schreiben und Auftreten vorstellen?
    Ich möchte auf jeden Fall so lange wie möglich auf der Bühne bleiben. Als ich das zum ersten Mal ausprobiert habe, war das so ein Moment, in dem ganz viel im Universum für mich eingerastet ist und sich an den richtigen Ort verpflanzt hat. Wenn das trotz allem irgendwann vorbei sein sollte, werde ich wahrscheinlich nochmal Physik studieren und dann in dem Bereich arbeiten.

    In deinen Texten tauchen manchmal Ausdrücke auf wie „Das Warum ist irrelevant“ oder „Es gibt kein Warum“. Was willst du damit sagen?
    Das ist natürlich eine sehr existentialistische Aussage. Eines der Grundprinzipien des Existentialismus ist das Absurde der Suche nach dem Sinn in einer sinnlosen Welt. Also die Warum-Frage in einer Welt, die keinen Platz für das Warum hat. Ich formuliere dieses Prinzip nur mit anderen Worten: Es gibt kein Warum. Dieses Spannungsfeld stellt eine Inspiration für mich dar. Das zeigt sich auch in vielen meiner Texte, wie in der Telefonkette.

    Eine der wohl existentialistischsten Fragen überhaupt zum Schluss: Kaffee oder Mate?
    Kaffee! Für Mate fehlen mir die Geschmacksknospen, irgendwas in meinem Gehirn ist da falsch verdrahtet.

     

    Am 3. Mai tritt Jan Philipp Zymny im Leipziger Kupfersaal auf. Zwei Freikarten für die Show könnt ihr auf unserer aktuellen Rätselseite gewinnen! (Einsendeschluss: 26. April)

     

    Fotos: Anna-Lisa Konrad

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