Unverschämt nachgefragt
„Herr Professor, fühlen Sie sich fair bezahlt?“ – Wir haben vier Universitätsmitarbeitern vom Prof bis zur Reinigungskraft Fragen gestellt, die man sich sonst nicht trauen würde, zu stellen.
Was VICE kann, können wir schon lange: Wir haben Mitarbeitern der Universität Leipzig unangenehme und persönliche Fragen gestellt, die man im Alltag so vielleicht nicht stellen würde. Dafür haben die student!-Redakteurinnen Maren Petrich und Luise Mosig mit einem Professor, einem WLAN-Berater des Universitätsrechenzentrums, einer Reinigungskraft in der Albertina und mit einem Mitglied des StuRa-Plenums gesprochen.
Professor
Hat sich eine Studentin schon mal in Sie verguckt?
An einer anderen Uni habe ich schon mal eine rote Rose von einer Studentin, die an meiner Vorlesung teilnahm, bekommen. Da habe ich mich gefragt, ob eine gewisse Schwärmerei im Spiel ist. Auch weil ich gemerkt habe, dass es ihr sehr nahe gegangen ist, als ich die Uni verlassen habe.
Fühlen Sie sich fair bezahlt?
Ich verdiene das, was für einen Universitätsprofessor in Sachsen tariflich festgelegt ist. Mit Blick auf andere Bundesländer, in denen die finanziellen Bedingungen besser sind, finde ich es manchmal ungerecht, aber an sich fühle ich mich angemessen honoriert. Mehr könnte es natürlich immer sein…
Was ist das Nervigste an Ihrem Job?
Man wird oft durch Dinge, die mit Wissenschaft, Forschung und Lehre nichts zu tun haben, von der eigentlichen Arbeit abgehalten. Da denke ich vor allem an Verwaltungsarbeit und an empfindliche Kollegen.
In wievielfacher Ausführung besitzen Sie Hemd und Jackett?
Hemden habe ich im Moment relativ viele, vielleicht zwanzig. Jacketts habe ich aber nicht so viele, vielleicht vier oder fünf. Das Gehalt ist jetzt auch nicht so üppig, dass man sich regelmäßig die maßgeschneiderten Anzüge in großer Zahl kaufen könnte. Außerdem ist mir das auch nicht so wichtig. Es ist oft genug so, dass meine Frau mir sagen muss: „Die Hose kannst du aber nicht anziehen!“ (lacht).
WLAN-Berater
Was ist das Langweiligste an deinem Job?
Mir wird nie langweilig, weil ich die Zeit, in der keine Studenten in die Beratung kommen, zum Beispiel nutze, um Hausarbeiten zu schreiben. Das ist das Schönste an meinem Job: Wenn niemand Hilfe braucht, werde ich praktisch fürs Studieren bezahlt.
In welchen Bereichen hängt die Universität Leipzig technisch völlig hinterher?
Es fehlt überall an vernünftigen Beamern und stationären Rechnern. Wir Mitarbeiter haben das neuste Windows-Betriebssystem und gute Rechner, doch die für Studenten zugänglichen Computer sind teilweise veraltet. Aber das würde die Uni ja alles Geld kosten…
Ist es wirklich so schwierig, die Ton- und Lichttechnik in den Hörsälen zu bedienen, wie es so mancher Professor erscheinen lässt?
Kompliziert ist das nicht, wenn man sich damit auseinandersetzt. Viele Profs haben einfach keine Ahnung von Technik und auch keine Lust, sich damit zu beschäftigen. Oder sie haben keine SHKs, die so etwas für sie vorbereiten. Meiner Meinung nach müssen in dem Bereich viel mehr Schulungen angeboten werden, sowohl für Professoren als auch für deren Mitarbeiter.
Berätst du auch manchmal zu anderen Themen außer zu WLAN-Problemen?
Sehr oft. Viele Leute sehen mich als eine Art Wegweiser und wollen wissen, wie sie im Gebäude von A nach B kommen. Manche Leute kommen auch mit Software-Problemen zu mir, was jetzt nichts direkt mit ihrem Universitätskonto zu tun hat. Wenn ich da helfen kann, mach ich das auch. Kommt jemand allerdings mit einem größeren Problem fünf Minuten vor Feierabend, schicke ich ihn auch schonmal nach Hause.
Reinigungskraft
Was wird schlimmer hinterlassen: Die Frauen- oder Männerklos?
Männlein und Weiblein sind gleich schlimm. Überall wird Papier hingeschmissen, die Damen werfen ihre blutigen Tampons auf den Boden. Bei den Männern ist es mit den Bremsspuren besonders schlimm, die meisten von denen haben wahrscheinlich noch nie eine Klobürste in die Hand genommen. An die Wände geschmiert wird sowieso überall. Wenn ich da einen mal erwische, steck ich ihn kopfüber ins Klo (lacht).
Wie wird man Putzfrau?
Ich bin gelernte Schneiderin. Nachdem meine Firma nach der Wende pleite gegangen ist, bin ich 2005 in die Reinigung gegangen. Zu diesem Zeitpunkt war es in Leipzig ganz schwerArbeit zu finden. Der Reinigungsberuf ist körperlich sehr anstrengend und heute habe ich definitiv weniger Freizeit als früher, wir arbeiten ja sogar sonntags. Jede freie Minute versuche ich mit meinem Enkel zu verbringen.
Haben Sie schon mal ein Pärchen inflagranti auf dem Klo erwischt?
Ich nicht, aber der Pförtner hat das schon mehrmals erlebt. Die denken nachts dann, dass sie alleine hier sind, schließen sich auf der Behindertentoilette ein und dann geht’s los. Die denken auch, die können sich alles erlauben.
Was gefällt Ihnen an Ihrem Job?
Der Umgang mit den Menschen. Ich habe ein super Team, sowohl die Kollegen in der Cafeteria als auch das Bibliothekspersonal sind sehr freundlich. Der Kontakt zu jungen Leuten ist auch schön, erst letztens hat mich eine junge Frau angesprochen, sich bei mir bedankt und mir Fragen zu meiner Arbeit gestellt.
StuRa-Plenumsmitglied
Welche war die hitzigste Diskussion, die du im Plenum miterlebt hast?
Jedes Jahr zur Faschingszeit flammt die Diskussion um die Elferräte neu auf. Meistens geht es um die Werbung für die Veranstaltungen; letztes Jahr zum Beispiel gerieten die Mediziner für ihr angeblich diskriminierendes „Assipositas“-Motto ins Kreuzfeuer.
Welcher Fachschaftsrat ist der nervigste?
Natürlich der, der den obligatorischen Nudelsalat für die Plenumspause vegetarisch und NICHT vegan zubereitet (lacht).
Welches ist das sinnloseste StuRa-Referat?
Das Referat für Gleichstellung und Lebensweisenpolitik ist zwar sehr aktiv, meiner Meinung nach wird in diesem Bereich aber eh schon so viel gemacht, dass es gar nicht von Nöten ist. Gleichstellungspolitik ist überrepräsentiert an der Uni.
Hast du manchmal das Gefühl, es ist alles sinnlos, was ihr da macht?
Ständig. Das meiste wird tot diskutiert und ergebnislos in ein anderes Gremium verschoben, zum Beispiel in den Ausschuss Hochschulpolitik. Dort staut sich alles an und kommt nicht zurück. Kurzfristig kann sich für die Studierenden so nie etwas ändern. Der StuRa ist auch nicht repräsentativ für alle Studierenden. Er geht zwar davon aus, dass ein Großteil der Studierenden eine ähnliche politische Gesinnung hat wie ein Großteil des Plenums. In Wirklichkeit bilden die Studierenden eine heterogene Masse. Vielleicht überwiegen linke Gesinnungen leicht, aber niemals so sehr wie im StuRa – das ist ja allgemein bekannt. Logischerweise wird für diese Positionen dann viel gemacht. Es wird so getan, als gäbe es Studierende anderer politischer Gesinnungen gar nicht.
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