„Gebt euer Wissen weiter!“
Julia Czerwonatis war zwei Jahre lang bei student!, danach machte sie Praktika und arbeitete als Lokaljournalistin in Neuseeland. Ihre Tipps an aufstrebende Journalisten verrät sie im Interview.
Von 2012 bis 2014 hat Julia Czerwonatis für student! geschrieben. Während dieser Zeit hat sie nicht nur das Perspektive-Ressort geleitet, sondern für ein Jahr auch die Chefredaktion übernommen. Mittlerweile hat sie als Journalistin für Lokales in Wellington, Neuseeland gearbeitet und schreibt nun von unterwegs ihren eigenen Reiseblog. student!-Redakteur Conrad Meißner hat mit ihr über lange Endredaktionsnächte und unerwartete Lebenswege gesprochen.
student!: Was hast Du nach student! gemacht?
Julia: Ich war erst in Schottland für eine Zeit und bin dann nach Neuseeland gezogen. Jetzt wohne ich hier in Wellington und habe für eine Lokalzeitung gearbeitet, die einmal wöchentlich rauskommt. Ich war die einzige Reporterin, was heißt, dass ich die ganze Zeitung alleine geschrieben habe. Ich war viel in der Gemeinde unterwegs, an Schulen, habe mit dem Stadtrat zusammengearbeitet, mit Abgeordneten.
Also bist Du auch im Journalismus geblieben?
Das war immer die Idee. Ich bin noch nicht sicher, wo das alles hinführt. Hier in Wellington war mein erster Vollzeitjob. Jetzt wollen mein Partner und ich ein Jahr reisen. Ich werde auf jeden Fall einen Blog schreiben und dann mal schauen, was ich mache, wenn ich wieder da bin. Aber auf jeden Fall will ich in der Medienwelt bleiben.
Wie hast Du bei student! angefangen?
Ganz langsam. Ich habe zuerst geguckt, ob das überhaupt etwas für mich ist und schnell gemerkt, dass es mir echt Spaß macht. Ich bin dann recht schnell Perspektive-Ressortleiterin geworden, da habe ich mich ziemlich schnell reingefunden. Mir hat sowohl das Schreiben viel Spaß gemacht, als auch Ressortleiterin zu sein, mit neuen Ideen zur Redaktion zu kommen und anderen, neueren Autoren weiterhelfen zu können.
Kannst du dich an ein besonders einschlägiges Erlebnis bei student! erinnern?
Ich glaube nicht ein einschlagendes Erlebnis; vor allem an das Gefühl, zur Redaktion zu gehen und gemeinsam eine Zeitung auf die Beine zu stellen, kann ich mich gut erinnern. Wenn Du nach drei Tagen Endredaktion mitten in der Nacht mit dem Fahrrad nach Hause fährst – du bist total k.o. und völlig fertig – und weißt, dass du gerade gemeinsam mit den anderen eine Zeitung fertiggestellt hast. Das hat mich immer am meisten angespornt.
Gab es unter den Redaktionsmitgliedern manchmal Probleme?
Ich habe größtenteils mit einem ziemlich coolen Team zusammengearbeitet. Das einzige Problem, was wir manchmal hatten, war, dass wir in manchen Dingen unterschiedliche politische Meinungen hatten und nicht wussten, wie wir damit umgehen sollen. Wir haben immer versucht, unsere Zeitung möglichst professionell zu führen. Da war es manchmal eine Herausforderung, einen Weg zu finden, der journalistisch und ethisch für uns vertretbar ist.
Haben Dich deine Erfahrungen bei student! auch nach deinem Studium geprägt?
Ich habe kein klassisches Volontariat wie die meisten Journalisten gemacht, obwohl das immer mein Plan war. Es hat mich dann aber nach Neuseeland geführt und ein Masterstudium für Journalismus hätte ich mir hier einfach nicht leisten können. Ich habe noch ein paar Praktika gemacht, bei der Berliner Morgenpost zum Beispiel. Und diese zusammen mit meiner Zeit bei student! haben dann sozusagen meine journalistische Ausbildung ausgemacht. Damit bin ich in meinen ersten Vollzeitjob gegangen. Und deshalb hat mich meine Zeit bei student! auf jeden Fall geprägt. Ich hatte großartige Mentoren, deren gute Ratschläge noch heute in meinem Kopf sind. Manchmal wende ich mich immer noch an alte student!-Kollegen, wenn ich einen Rat brauche.
Hast du Tipps für frischgebackene oder zukünftige Redakteure?
Probiert euch aus! Steckt euch nicht von Anfang an in eine Schublade, sondern schaut euch in allen Ressorts mal um. Später als Journalist ist man in allen Gebieten gefragt. Hört auf die Leute, die schon länger bei der Redaktion dabei sind und versucht von ihnen zu lernen. Und sobald ihr selbst ein wenig Zeit in der Redaktion verbracht habt, gebt euer Wissen weiter.
Fotos: privat
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