Renaissance des Klein-Paris
Leipzig boomt. Um dafür zu sorgen, dass das so bleibt, hat der Stadtrat nun nach vielen Jahren der Planung das „Integrierte Stadtentwicklungskonzept 2030“ (INSEK) beschlossen.
In Leipzig stehen die Baukräne nicht still. An jeder Ecke sprießen Neubauten empor, werden heruntergekommene Altbauten renoviert, Straßenbahnlinien umgeleitet und längst zugewucherte Brachflächen neu bebaut. Doch das war nicht immer so.
Denn Leipzig war nach der Wende durch einen jahrelangen Schrumpfungsprozess geprägt. Um diesem etwas entgegen zu setzen wurde 2009 der erste Entwurf des „Integrierten Stadtentwicklungskonzept Leipzig 2020“ (SEKo) vorgestellt, der sich vorrangig zum Ziel machte, die Wettbewerbsfähigkeit Leipzigs zu erhöhen, die soziale Stabilität zu gewährleisten und somit die Lebensqualität der verbliebenen Bürger zu sichern. Zu diesem Zeitpunkt ahnte man aber noch wenig von dem Boom dem Leipzig in den Folgejahren widerfahren sollte. Das „neue Berlin“ erlebte seither seine ganz eigene Renaissance und wurde aufgrund verschiedenster Faktoren zur am schnellsten wachsenden Stadt Deutschlands. Realistische Prognosen der Stadtverwaltung sagen ein Wachstum Leipzigs auf über 700.000 Einwohner bis 2030 voraus. Diese explosionsartige Entwicklung macht sich nun gravierend im Stadtbild bemerkbar: die immensen Sanierungs- und Bauvorhaben sorgen jetzt schon für einen deutlichen Ausbau und die Verdichtung der städtischen Bausubstanz. So zum Beispiel die Neubauten um das Museum der bildenden Künste und auf dem Burgplatz direkt vor dem Neuen Rathaus.
Rasant steigende Mieten, fehlende Kita-Plätze und ein enorm gesteigertes Verkehrsaufkommen haben daraufhin die Stadtverwaltung veranlasst das bisherige Konzept „Leipzig 2020“ fortzuschreiben. Nach einem dreijährigen Diskussionsprozess wurde schlussendlich 2015 das größte Entwurfspapier der Stadt Leipzig seit Jahrzehnten vorgelegt. Im INSEK wurde nun auch die Flüchtlingsintegration – neben Mobilität und Verdichtung – einer der zentralen Punkte. Unter dem Motto „Leipzig wächst nachhaltig“ sollen zukünftig eine stabile Wirtschaftskraft, solide Finanzen, Demokratieverständnis, gesellschaftlicher Zusammenhalt und natürliche Lebensgrundlagen wie Luft-, Boden- und Wasserqualität für Leipzig erreicht und gesichert werden. Laut Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) soll die Stadt so international wettbewerbsfähig werden.
Seit 2015 sind nunmehr drei Jahre vergangen, in denen sich das Konzept in einigen Aspekten deutlich verändert hat. Ein maßgeblich beeinflussender Faktor war dabei vor allem die Bürger- und Kommunalbeteiligung. In einer Vielzahl an Diskussionsveranstaltungen traten über Jahre hinweg Stadtverwaltung, Parteien und interessierte Bürger in den Dialog, um gemeinsam den finalen Entwurf des Konzeptes zu formen, der nun am Donnerstag im Stadtrat beschlossen wurde. Im 350 Seiten starken Papier betont Stefan Heinig, Abteilungsleiter der Stadtentwicklung, die besondere Bedeutung der Entwicklung des städtischen Wohnraums. Da durch die Verdichtung der Stadtviertel freie Flächen immer kleiner werden, sollen die Multifunktionalität, die damit verbundene mögliche Mehrfachnutzung und die Bezahlbarkeit der Neubauten gefördert werden. Für jeden Stadtteil wurde so im Konzept ein expliziter Flächennutzungsplan und eine Ortsteilstrategie entwickelt.
Neben der Verdichtung und Raumnutzung spielt auch die Mobilität eine wichtige Rolle. Amtsleiter für Verkehrs- und Tiefbau Michael Jana sieht die größten Herausforderungen vor allem im stetig wachsenden Verkehrsaufkommen und dessen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Um einen Verkehrskollaps zu verhindern, möchte man von nun an alternative Fortbewegungsmöglichkeiten wie das Fahrrad, der ÖPNV oder auch die Elektromobilität gezielt fördern.
Axel Dyck von der SPD-Fraktion im Stadtrat sieht das Konzept vor allem als „Marschroute bis 2030“ die den Rahmen absteckt, in dem die Feinjustierungen und Detailfragen noch geklärt werden müssen.
Denn das „Integrierte Stadtentwicklungskonzept Leipzig 2030“ ist ein umfangreicher und detailliert ausgearbeiteter Masterplan, der Leipzig für die Herausforderungen der Zukunft wappnet. Doch durch seine schiere Größe bedingt, bleibt es noch in einigen Aspekten vage. Wichtige planerische Grundlagen zum Wohnungsbau und Verkehr müssen erst noch erarbeitet, deren Ausführung und Auswirkungen genauestens beobachtet werden. Daher wird das Stadtplanungsamt alle drei Jahre ein umfassendes Monitoring durchführen und dessen Ergebnisse zur Diskussion stellen.
Fotos: Tim Paul Büttner
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