Forschung für den Frieden
Im Juni 2013 berichtete student! über die Zivilklausel. Im Rahmen der Hochschulwahlen und auch im StuRa wird nun erneut über eine Selbstverpflichtung der Uni zu rein friedlicher Forschung diskutiert.
„Deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt“ tönte ein minutenlanger Sprechchor von Studierenden der Uni Leipzig während der Nikolausvorlesung des damaligen Bundesverteidigungsministers Thomas de Maizière (CDU) 2012. Das ist zwar schon sechs Jahre her, doch das Thema beschäftigt auch heute noch viele Studierende der Uni Leipzig.
Der StuRa stimmte zuletzt 2015 für die Einführung einer Zivilklausel. Aktuell plant der Ausschuss für Hochschulpolitik eine Urabstimmung zur Zivil- und Transparenzklausel unter den Studierenden. Doch solange sich nicht auch der Senat der Uni mehrheitlich für eine Zivilklausel ausspricht, könnte eine Einführung schwierig werden. Mit einer Zivilklausel verpflichtet sich eine Hochschule zu einer rein friedlichen Forschung und lehnt somit eine Drittmittelfinanzierung von Konzernen oder Ministerien, die zu militärischen Zwecken forschen, ab. Laut der Initiative „Hochschulen für den Frieden“ haben bereits 62 deutsche Hochschulen und Universitäten in Deutschland eine Zivilklausel in ihrer Grundordnung verankert. Die Universität Leipzig gehört nicht dazu.
Die Hochschulgruppe Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) gehört mit der Hochschulgruppe Freier Campus zu den einzigen Hochschulparteien, die sich während der Hochschulwahlen an der Universität Leipzig diesen Monat explizit gegen eine Einführung der Zivilklausel ausgesprochen haben. Lucas Schopphoven, Vorsitzender des RCDS Leipzig, sieht mit der Einführung einer Zivilklausel vor allem die Wissenschaftsfreiheit in Gefahr: „Wir wollen keine Selbstzensur durch eine Zivilklausel, sondern, dass hier mit offenem Blick geforscht wird.“ Für Danilo Streller, Mitbegründer des mittlerweile inaktiven Bündnisses „Zivilklausel jetzt“ und Mitglied im Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverband (SDS), stellt die Klausel keine Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit dar, da sie keine Verpflichtung von staatlicher Seite, sondern vielmehr eine Selbstverpflichtung der Universität sei und damit nicht gesetzeswidrig wäre.
Die Zahl der Forschungsprojekte an der Universität Leipzig, die als nicht rein friedlich bezeichnet werden könnten, ist beispielsweise im Vergleich zur TU Dresden gering. Ein Beispiel für militärnahe Forschung an der Uni Leipzig ist das Forschungsprojekt„Lärm- und Feldlagerschutz der Bundeswehr“, welches vom Bundesamt für Ausrüstung, IT und Nutzung der Bundeswehr in Auftrag gegeben wurde und von 2013 bis 2016 durchgeführt wurde. Hier ging es um eine Umfrage der Bevölkerung zu Lärmbeschwerden nahe Truppenübungsplätzen. Ob dies nun militärische Forschung im Sinne eine Zivilklausel ist fraglich. Doch den Befürwortern der Klausel geht es vor allem darum von wem ein Projekt in Auftrag gegeben wird.
Die Universität Bremen war eine der ersten Universitäten in Deutschland, die sich mittels einer Zivilklausel zu rein friedlicher Forschung verpflichtete. Für den an der Universität Bremen lehrenden Informatikprofessor Ralf Streibl stellen vor allem eine ständige Auseinandersetzung mit den Inhalten und der Finanzierung von Forschung die essenziellen Kernpunkte dar, welche notwendig sind damit eine Zivilklausel keinen rein plakativen Charakter hat. Laut des Bremer AstA wird die Zivilklausel jedoch immer wieder verletzt. Wie wirkungsmächtig ist solch eine Klausel also? Das ist vor allem eine Auslegungsfrage. In Bremen beispielsweise stellt die Zivilklausel eine Selbstverpflichtung dar. Das heißt, sie hat keine strafrechtliche Relevanz. Die Universität kann sich allerdings mit Berufung auf die Zivilklausel dazu entscheiden ein Forschungsprojekt nicht ergänzend zu unterstützen. Außerdem können Universitätsbeschäftigte, die die Teilhabe an einem bestimmten Projekt nicht mit ihrem persönlichen Gewissen vereinbaren können, von der Universität geschützt werden.
An der Universität Leipzig laufen aktuell etwa 3.100 drittmittelgeförderte Forschungsprojekte. Ein Großteil dieser Drittmittel kommt jedoch meist von der EU oder von Ministerien wie dem für Bildung und Forschung. Genauere Informationen darüber, welche Projekte von wem in welcher Höhe gefördert werden, bleiben für die Öffentlichkeit unzugänglich.
Eine Transparenzklausel könnte das ändern. Verschiedene Hochschulgruppen und auch der StuRa haben eine solche bereits eingefordert. Im Mitte Juni vom Senat verabschiedeten Hochschulentwicklungsplan 2025 ist die Rede von einem geplanten Forschungsregister. Ob es allerdings zu einer konkreten Umsetzung kommt, ist unklar. Die Aufnahme einer Zivilklausel in die Grundordnung ist laut Erich Schröger, Mitglied im Rektorat, seitens des Senats aktuell nicht geplant: „Es gab zuletzt keine Initiative, die von innen kam und die vorschlug, eine Zivilklausel zu etablieren. Aber da ist vielleicht das letzte Wort noch nicht gesprochen“.
Grafik: Annika Seiferlein
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