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  • Ein Indianerfilm ohne heldenhafte Cowboys

    „Die Frau, die vorausgeht“ thematisiert Vertreibung in die kargen Weiten der Prärie, systematische Unterdrückung und Kunst statt Indianer, Cowboys und Büffelherden im Wilden Westen.

    Verklärte Filme über den Wilden Westen mit federgeschmückten Indianern und Lasso schwingenden Cowboys sind nichts Neues für die Kinobesucher. Diesen Sommer versucht die Regisseurin Susanne White dieses Filmgenre neu zu erfinden und es den modernen Erwartungen der Besucher anzupassen.

    Ihr Film, der mit dem etwas verkorksten deutschen Titel „Die Frau, die vorausgeht“ (Original: A Woman Walks ahead) versichert, auf wahren Begebenheiten zu beruhen und somit aus einer historischen Perspektive zu erzählen. Die wahre Geschichte handelt von der verwitweten Malerin Catherine Weldon (Jessica Chastain), die ohne Begleitung in einen Zug gen Westen steigt, um den berühmten Häuptling Sitting Bull (Michael Greyeyes) zu porträtieren. Wenn man die knapp zwei Stunden Film knackig beschreiben müsste, wäre wohl die folgende altbackene Redensart am griffigsten: eine emotionale Achterbahnfahrt. Dies mag vielleicht auch der Aktualität der Problematik geschuldet sein. Angesichts der Proteste gegen die geplante Pipeline durch die Prärie ist der Film wie Öl im Feuer; der Zeitpunkt der Veröffentlichung hätte nicht besser gewählt werden können. Die Charakterentwicklung einer naiven Künstlerin, die nach dem perfekten Bild strebt, und der am Ende selbstbewussten Künstlerin, die gelernt hat, zu leben, ist zwar geschickt, hat aber in ihrer Ausführung Potential verschenkt.

    Der Häuptling Sitting Bull lässt sich malen.

    Malerin Catherine möchte den Häuptling Sitting Bull porträtieren.

    Zunächst einmal Hut ab, sich einem so ausgelutschten Genre zu widmen. Die Romantisierung vergangener Indianerfilme kann White in ihrem Film jedoch nicht vollständig abschütteln. Allerdings hat alles hier einen bitteren Beigeschmack. Die Vereinigten Staaten bekommen nämlich einen dunklen Teil ihrer Geschichte in HD vor Augen geführt. Das glorreiche Zeitalter der Cowboys und Büffelherden wird überschattet. Das ist Teil der Fakten. Die nicht so ganz wahren Begebenheiten sind aber immer dabei. Das Ergebnis ist eine Art Historiendrama, das Fakt und Fiktion kurzweg mischt.

    Der Film hat eigentlich mit dem Twist und Weldon als mutiger Frau Biss, wäre da nicht diese Stilisierung und exzentrische Gefühlsduselei zwischen Sitting Bull und der Malerin, deren wahre Biographie interessante Ecken und Kanten zu bieten gehabt hätte. Abgesehen von den Achterbahnen und den Karl May-Reminiszenzen ist der Film ein gelungenes Zeugnis der dunklen Geschichte der Indigenen Amerikas. Er ist packend, aufrührerisch und spannend. Whites größter Verdienst ist es, die Kinobesucher mit der Ungerechtigkeit der Geschichte und der Menschenfeindlichkeit schamlos zu konfrontieren.

     

    In den Kinos ab: 5. Juli 2018

     

    Fotos: TOBIS Film GmbH

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