Handbrot mit Glitzer
Mit Blumen im Haar dem Ende der Festivalsaison entgegen tanzen. 70.000 waren gekommen um in Berlin beim Lollapalooza den Sommer gebührend zu verabschieden.
Mit jährlich wechselnder Kulisse fand dieses Jahr zum vierten Mal das Lollapalooza in Berlin statt. Nachdem das Tempelhofer Feld nicht mehr zur Verfügung stand, Anwohnerbeschwerden im Treptower Park laut wurden und durch das Verkehrschaos in Hoppegarten, fiel die Wahl der Festivallocation dieses Jahr auf das Olympiastadion, mit angrenzendem Maifeld. Das Gelände wurde im Dritten Reich für die Olympischen Sommerspiele 1936 errichtet und ist dementsprechend beeindruckend groß, wenn auch eher untypisch als Festivalstätte. (Da hatte der Song „Ich bin Adolf Hitler“ von K.I.Z gleich eine ganz andere Wirkung.)
Organisatorisch klappte dieses Jahr alles durchaus besser. In beinahe leeren Bahnen konnte man zum Olympiastadion fahren, es gab genug Sanitärbereiche, Essensstände und es blieb trotz Gedränge an den Main friedlich. Das größte Problem stellte wohl die Perry’s Stage dar, welche sich im Inneren des Olympiastadions befand und nur durch einen Eingang betreten werden konnte. Als am Samstagabend David Guetta als Headliner dort auftrat, mussten die Eingänge geschlossen werden. Das Stadion fasst nur ca. 25.000 Menschen. Problematisch, denn das Festival besuchten am Wochenende rund 70.000 Personen. Das gleiche Spiel folgte dann auch am Sonntag bei SXTN und Kygo.
Das war zwar schade für alle Fans die draußen bleiben mussten, doch Sicherheit geht schließlich auch laut den Veranstaltern vor. Auf Instagram (@lollapaloozade) hieß es in einem Statement: „Da wir hier zu jedem Zeitpunkt Eure Sicherheit im Auge haben, haben wir uns am Abend dazu entschieden, den Einlass zur Perry’s Stage temporär zu stoppen.“ Dua Lipa und SXTN unterbrachen sogar ihre Konzerte um sich um Fans zu kümmern, denen es in der engen Menge nicht so gut ging. Vorsorge ist vor allem bei Großveranstaltungen besser als Nachsorge. Und auch wenn die Stimmung in den sozialen Netzwerken größtenteils negativ wirkte, war es vor Ort trotzdem fröhlich und auch das Wetter spielte wunderschön spätsommerlich mit. Es schien ganz so als leitete das Lollapalooza nicht nur das Ende der Festivalsaison ein, sondern auch das Ende des Sommers. So war es für Casper, Giant Rooks und andere das letzte Festival des Jahres, Dua Lipa spielte ihr letztes Europakonzert und Imagine Dragons beendeten in Berlin sogar ihre zweijährige Tour.
K.I.Z und Casper äußerten sich auch noch einmal zum vergangenen Montag und dem #wirsindmehr -Konzert in Chemnitz. Bei Casper hieß es: „Gegen Rassismus, gegen Faschismus, gegen Ausgrenzung – alle Mittelfinger hoch!“ und auch der Frontsänger von Imagine Dragons, Dan Reynolds, rief in eine Regenbogenfahne gewickelt zu mehr Liebe in der Welt auf, wenn auch weniger politisch. Geboten wurde einem neben Musik noch so einiges mehr. Ob das Kidzapalooza für Kinder, die Lolla Fun Fair mit Kirmes oder das Aquapalooza im Olympischen Schwimmbecken, es war für zwei Tage fast schon zu viel. Zu viel war aber definitiv die Werbung. Vertreter einer Zigarettenmarke waren teilweise sogar direkt an den Bühnen zu finden, gelbe Hüte eines Herstellers von Energydrinks ließen fast schon Malle-artige Stimmung aufkommen und die Verpackungen von Kaugummis pflasterten die Wege rund um das Stadion. Im starken Kontrast dazu konnte man sich aber genauso über die ökologischen Vorteile von Haferdrinks gegenüber Milch aufklären lassen oder sich durch die verschiedenen Goodies wie Salzcracker und Eiskaffee durchprobieren.
Bei einem Leipziger Handbrot konnte man das Festival gut ausklingen lassen. So gab es nach der 3D- Show von Kraftwerk und beim Feuerwerk von Kygo noch ein kleines Stück Leipzig mitten in Berlin und vielleicht bei all der Traurigkeit über das Ende des Sommers noch ein wenig Vorfreude auf den schönen Leipziger Weihnachtsmarkt.
Fotos: Pia Benthin
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