Final Girl vs. Boogeyman
Die vierzig Jahre nach dem Original spielende Fortsetzung des Genre-Begründers „Halloween“ macht Spaß, aber schockt echte Fanboys wohl nur mit starken weiblichen Charakteren.
Ganze sieben Fortsetzungen und Reboots hat der Slasher-Kultfilm „Halloween“ seit seinem Kinostart im Jahr 1978 inspiriert. Der neuste Teil der Franchise trägt nun zwar auch den Namen des US-amerikanischen Feiertages, doch schließt direkt, wenn auch 40 Jahre später, an den Low-Budget-Überraschungserfolg von damals an. Die Entscheidung des Teams um Regisseur David Gordon Green, alle bisherigen Fortsetzungen zu ignorieren, war nicht nur deren teils fragwürdigen Handlungssträngen und minderer Qualität geschuldet, sondern auch dem Anspruch, die Geschichte um den kaltblütigen Killer Michael Myers unüberschattet von anderen Versionen in neuem Licht zu zeigen.
Laurie Strode (Jamie Lee Curtis), die im ersten Film als einzige Überlebende aus ihrer Freundesgruppe das Konzept des „Final Girl“ prägte, ist mittlerweile Großmutter. Anstatt ihr Jahrzehnte altes Trauma zu verarbeiten und die Erinnerung an den für immer weggesperrten Mörder hinter sich zu lassen, verbrachte sie ihre Zeit damit, sich selbst und ihre Tochter Karen (Judy Greer) seit frühster Kindheit mit Schießtraining und Fallenstellen auf die Rückkehr von Michael Myers (Nick Castle/James Jude Courtney) vorzubereiten. Enkelin und High-School-Senior Allyson (Andi Matichak) steht zwischen Großmutter und Mutter, die sich durch die vielen emotionalen Narben stark entfremdeten.
Da der Film seinen Namen sonst nicht verdienen würde, kommt was kommen muss und Michael Myers gelingt die Flucht, beim Transport von einer in die andere Nervenheilanstalt, ausgerechnet am Abend vor Halloween. Was folgt sind blutrünstige, sinnlose aber durchaus unterhaltsame Morde in Genremanier. Außerdem der ein oder andere clevere, gut inszenierte Callback zum ersten „Halloween“. Aber vor allem drei Generationen von Strode-Frauen, denen es gelingt den Spieß – oder besser das Messer – umzudrehen.
Zwar krankt der Film an Handlungssträngen, die durch das vorzeitige Ableben der Charaktere zu zeitig abgeschnitten werden und auch so manchem Fremdscham auslösenden Dialog, doch trotzdem ist er eine unterhaltsame und reflektierte Fortsetzung. Brutale Morde und absurde Verstümmelungen treten in Sachen Horror neben den psychischen Folgen der Überlebenden zurück und Konzepte, die eigentlich fundamental für das Genre sind, werden auf ihre Bedeutung und Implikationen hin hinterfragt. Man mag es für übertrieben halten, die Figur des gesichts- und im Grunde motivationslosen Michael Myers als Verkörperung von toxischer Maskulinität zu verstehen. Doch Laurie, die damals trotz ihrer Wehrhaftigkeit in letzter Sekunde von einem Mann gerettet wurde, repräsentiert zweifelsfrei eine Heldin, die sehr lange darauf warten musste, ihren Kampf gegen die Ungerechtigkeit in der Welt selbst zu Ende zu bringen.
Fotos: Universal Pictures
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