Tänzerische Städtepartnerschaft
In einem dreiteiligen Ballettabend erlebt man wie Leipzig auf Houston und klassische Musik auf modernes Ballett trifft. Ein geglückter Auftakt in die neue Saison der Oper Leipzig.
Anlässlich des 25. Jubiläums der Städtepartnerschaft zwischen Leipzig und Houston feierte „Beethoven/Ravel“ am 27. Oktober Premiere in der Oper Leipzig und eröffnet damit die Saison. Inszeniert von Uwe Scholz, Stanton Welch und Mario Schröder stellt schon der Aufbau des Werkes Vielfalt und Multikulturalität dar, denn jeder dieser drei Choreografen prägte die beiden Städte wesentlich. Die drei einzelnen Teile haben ihren ganz eigenen Stil, harmonieren jedoch sehr gut miteinander. Dies trifft wahrscheinlich auch auf die Städte Leipzig und Houston zu, die auf den ersten Blick nicht viel gemein haben.
„Siebente Symphonie“
Als Vertreter der Stadt Leipzig wird in diesem Stück die Musik von Ludwig von Beethoven verwendet. Im ersten Teil des Abends, „Siebente Symphonie“, wird eben jene vom Gewandhausorchester Leipzig gespielt. Dazu inszenierte Uwe Scholz 1991 ein Ballett, zuerst für Stuttgart, wenig später wechselte er dann nach Leipzig, wo er bis zu seinem Tod 2004 wirkte. Ganz wie die Musik ist das Ballett in diesem Teil eher klassisch, auch wenn es immer wieder aufgelockert wird. Einen modernen Twist geben auch die puristischen Kostüme und kleinere Schauspieleinlagen, die die Strenge des traditionellen Balletts durchbrechen. Das Zusammenspiel von Alt und Neu machen dieses Stück zeitlos und vermitteln das Gefühl, als wäre es erst gestern konzipiert worden.
„Tu Tu“
Nach Leipzig folgt im zweiten Teil Houston. Stanton Welch, Leiter des Houston Ballet, kreierte 2003 das Werk „Tu Tu“. Darüber sagt er: „Ich wollte ein Stück machen, in dem ich die Arbeit mit Tutus erforschen kann.“ Diese Tutus sind wohl das Highlight des Abends. Designt von Holly Hynes, basieren sie auf Gemälden von Gustav Klimt. Sie haben eine reflektierende metallische Oberfläche und schillern im Licht der Bühne – je nachdem, wie sich die bewegen. Der zweite Teil wird musikalisch von Maurice Ravels Klavierkonzert in G-Dur begleitet. Im Gegensatz zum vorhergehenden Part ist dieser moderner und dynamischer, verzaubert aber auch mit ruhigen Tönen. So einzigartig bestechend wie „Tu Tu“ ist, vergeht es leider viel zu schnell.
„Geschöpfe“
Nach einem gelungenen Auftakt und einem bezaubernden Höhepunkt folgt dann das künstlerische Fragezeichen, das man sich bei einer solchen Inszenierung wahrscheinlich vorstellt. Choreografiert von Mario Schröder, dem , war der dritte Teil durchaus durchwachsen. Sein Stück „Geschöpfe“ feiert an dem Abend Uraufführung. Die Tänzer*innen kommen in sogenannten Fettanzügen auf die Bühne und tanzen, was im Publikum für Gelächter sorgt. Ob dies angebracht ist muss wohl jeder selbst entscheiden, intendiert ist es von Schröder aber keinesfalls: „Wenn sich Menschen bewegen, die etwas korpulenter sind, hat das für mich zum einen eine große Sinnlichkeit, aber auch eine Zerbrechlichkeit. Damit möchte ich mich auf keinen Fall über beleibtere Menschen lustig machen, im Gegenteil.“ Mit der Zeit befreien sich die Tänzer*innen aus ihren Anzügen, wie auch Schröder beschreibt: „In ‚Geschöpfe‘ spielen die Kostüme der Tänzer eine wichtige Rolle. Dadurch möchte ich vor allem auf die Transformation hinweisen, der jede Kreatur, jedes Geschöpf unterliegt.“ Tänzerisch ist auch dieser Teil sehr einzigartig. Die atemberaubende Lichtinstallation stellt das Ballett jedoch in den Schatten.
„Beethoven/Ravel“ ist ein wirklich zeitloses Stück und ab jetzt in Leipzig zu bestaunen. Die gewählte Musik, das Ballett und die Tutus ziehen jede Altersklasse in ihren Bann. Zwischen Jeans und Abendkleidern erlebt man einen abwechslungsreichen Abend mit zwei Pausen; man muss also nicht stundenlang auf seinem Platz ausharren und kann sich in den Pausen direkt über die einzelnen Stücke austauschen. Das Stück ist ein Ballett vor dem wirklich niemand Angst haben muss. Es gibt keine komplexe Handlung, der man nicht folgen kann, es ist modern genug um nicht einzuschlafen, aber nicht zu modern um es nicht zu verstehen. Sehr erfrischend ist der Mix aus Stilen, Nationalitäten und Inszenierungen. Ein gelungener Abend mit vielen „Bravo“-Rufer*innen die miteinander wetteifern und mit Applaus, der so lange geht, dass einem schon die Handballen schmerzen.
Weitere Aufführungen von „Beethoven/Ravel“ folgen am 31. Oktober, am 9. November sowie am 19. und 23. Mai 2019.
Fotos: Ida Zenna
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