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  • Lust als Leid

    Die Dokumentation „#Female Pleasure“ zeigt eindringlich die Unterdrückung der weiblichen Sexualität, die schwer zu ertragen ist. Der Mut der Hauptdarstellerinnen gib jedoch Grund zu hoffen.

    Eine lange Schlange zieht sich durch die Eingangshalle des CineStar-Kinos. Viele der Besucher*innen versuchen noch ein Ticket für die Vorstellung von #femalepleasure zu bekommen. Nicht alle werden am Ende Glück haben. Die Frage einer Zuschauerin, warum der Film trotz großer Nachfrage nur einmal im Rahmen des Internationalen Leipziger Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm (DOK) gezeigt wird, symbolisiert die Problematik von Filmemacherinnen, die gleichzeitig die Produktion des Films rechtfertigt: die Ansicht, dass niemand Filme mit weiblichen Hauptdarstellerinnen sehen will, hält sich immer noch hartnäckig in der Filmindustrie.

    Wie die Schweizer Regisseurin Barbara Miller erklärt, war der Weg von der Idee zum Film zu dessen Umsetzung steinig. So fand sie zunächst keine Partner*innen, die bereit gewesen waren, die Dokumentation finanziell zu fördern. Erst nach großer Überzeugungsarbeit gelang es ihr, genügend Mittel für deren Umsetzung zusammenzutragen. Entstanden ist ein hochemotionaler, aber argumentativ überzeugender Abriss über die Lebensrealitäten von fünf Frauen, die, obgleich aus verschiedenen Kulturkreisen stammend, eines eint: die Unterdrückung ihrer Sexualität durch das Patriarchat.

    Lange Schlangen im CineStar

    Viel Ansturm in der Eingangshalle des CineStar-Kinos

    Abwechselnd und in kurzen Sequenzen werden die Geschichten der Protagonistinnen vorgestellt, wobei Miller es durch gekonnte Szenenwechsel schafft, die individuellen Lebenserfahrungen der Frauen zu verknüpfen. Die Kämpfe von Deborah Feldman, Leyla Hussein, Doris Wagner, Rekudenashiko und Vithika Yadav für die sexuelle Befreiung der Frau werden als Spiel zwischen Laut und Leise, Schmerz und Freude dargestellt und erhalten dadurch ihre eindringliche Dynamik.

    Besonderer Fokus legt Miller auf die Weltreligionen als Instrument der Reproduktion patriarchalischer Unterdrückungsmechanismen. So porträtiert sie unter anderem die jüdische New Yorkerin Deborah Feldman, die sich als junge Frau dazu entschlossen hat, ihrer chassidischen Gemeinde den Rücken zuzukehren, nachdem sie von ihnen zwangsverheiratet wurde. Eindringlich erzählt sie, wie traumatisch die Erfahrung für sie war, zum Sex mit einem Fremden gezwungen worden zu sein. Dieser Zwang verunmöglicht nicht nur die Auslebung der eigenen Sexualität, sondern auch die Möglichkeit ihrer Subjektwerdung: chassidischen Frauen ist es, laut Feldman, nicht gestattet zu lesen, da Bücher sie auf „falsche Gedanken“ bringen könnten. So wird weibliche Reproduktion systematisch benutzt, um Frauen von Bildung fernzuhalten; selbst in einem der liberalsten Zentren der Welt.

    Mit #Female Pleasure gelingt es Barbara Müller einen Schwerpunkt des klassischen Feminismus zurück in den Fokus zu rücken, dessen Auswirkungen nach wie vor fatal für nahezu alle Frauen des Planeten sind. Themen wie weibliche Genitalverstümmelung, Massenvergewaltigung oder Zwangsheirat haben nichts an ihrer Aktualität und Brisanz verloren; die Schlange vor der Kinokasse straft die Filmindustrie Lügen.

     

    In den Kinos ab 8. November 2018

    Titelfoto: X Verleih AG

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