Im Lampenlicht
Zeitig zum ersten Advent offenbart Kolumnist Hagen seine frisch entflammte Vorliebe für das weihnachtliche Lichtermeer der hiesigen Städte. Vorausgesetzt man betrachte es von Weitem.
„Ich hasse Weihnachtsmärkte!“, grummelt ein älterer Mann vor sich hin, ehe er sich kopfschüttelnd seinen Weg durch die Leipziger Innenstadt erkämpft. Zugegeben, auch ich bin kein Freund überfüllter Straßen und Plätze, in denen jeder Atemzug wie ein Ringen ums Überleben wirkt. So vermeide ich weitestgehend den Trubel der Stadt und suche meine Ziele über Umwege auf. Doch gerade zur Vorweihnachtszeit erweist sich ein solches Vorhaben als schwierig. Insbesondere dann, wenn man wie hier in Leipzig direkt aus dem Seminar in eine heiße Tasse Glühwein oder Kinderpunsch fallen könnte. Der Weihnachtsmarkt, der den Campus fast umschließt, macht es mir – und bestimmt auch vielen anderen Studierenden sowie Mitarbeiter*innen – schwierig, unbeschadet das Unigelände in Richtung Augustusplatz oder Innenstadt zu verlassen. Als Wichtel verkleidete Besucher*innen oder angeheiterte Menschen mit blinkenden Nikolausmützen versperren oftmals den Fluchtweg. Um dem feuchtfröhlichen Treiben entkommen zu können, sind demzufolge tänzerische Fähigkeiten gefragt. Man sagt mir nach, ich sei ein recht passabler Beinakrobat und so erkämpfe ich mir immerzu in einer langsamen Walzer-Manier den Weg durch das Getümmel, hinein in eine volle Straßenbahn.
Wenngleich Weihnachtsmärkte bei mir leichte Panikattacken hervorrufen, so wirkt der Blick von Weitem paradoxerweise äußerst beruhigend auf mich und mein Gemüt. Grund hierfür sind die vielen Lichter, die in der Dunkelheit tanzen und ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit erzeugen. So versprühen selbst überfüllte Weihnachtsmärkte einen Hauch von Stille. Ob im heimeligen Zuhause, an den Fassaden oder auf den Wintermärkten der hiesigen Städte, immer tragen Lichterketten und Kerzen zu einer gemütlichen Atmosphäre bei, die mich für kurze Zeit aus den Fesseln des Alltags befreit. Oftmals bleibe ich stehen, verweile für einen Moment an Ort und Stelle und denke an nichts. Manch eine*r mag vielleicht an den Zauber von Weihnachten denken, ich jedenfalls bin fest davon überzeugt, dass Lichter eine besondere Magie auf mich haben.
Auch auf die Gefahr hin, meine sensible Seite hier weiterhin preis zugeben, finde ich, dass ein Lichtermeer zur dunklen Jahreszeit ebenfalls zur Entschleunigung einlädt. So weiß ich, dass mich, wenn ich über die Feiertage in die Heimat fahre, ein weihnachtlich geschmücktes Haus mit Kerzen und Lichtern erwartet. Ein schöner Gedanke, der jetzt schon meiner Seele gut tut und die Vorfreude auf das familiäre Treiben entzündet. Denn im Lampenlicht finde ich die Ruhe, die ich mir zum Ende eines anstrengenden Jahres redlich verdient habe.
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