Pass’ auf, dass du wirklich lebst!
„Astrid“ ist eine Hommage an die Kinderbuchautorin Astrid Lindgren. Für all diejenigen, die mit Ronja, Pippi und Michel aufgewachsen sind, ist der Film ein wahres Geschenk.
Wie erzählt man die Geschichte einer Frau, die selbst die größte Geschichtenerzählerin war? Man pickt sich den Teil ihres Lebens heraus, anhand dessen man am besten nachvollziehen kann, wie sie zu dieser geworden ist.
Die 16-jährige Astrid Erricson (Alba August) ist zu Zeiten ihrer Jugend in den 1920er Jahren eine Rebellin. Sie kritisiert die Bibel, passt während der sonntäglichen Messe nicht auf und tanzt wortwörtlich aus der Reihe. Die streng religiöse Erziehung ihrer Eltern in einem kleinen Dorf im schwedischen Småland hält sie nicht davon ab, ihre eigenen Träume zu verwirklichen. So beginnt sie ein Volontariat bei der örtlichen Zeitung. Reinhold Blomberg (Henrik Rafaelsen), Herausgeber der Vimmerby Tidning, ist von ihrem Talent zu Schreiben wie auch von ihrem Wesen begeistert. Die beiden beginnen eine Affäre und Astrid wird schwanger. Ihre Eltern beschließen, dass niemand davon erfahren darf und so muss die erst 18-Jährige zum Gebären ihres Kindes das Dorf verlassen.
Der Film wechselt zwischen dieser schwierigen Zeit im Leben der Kinderbuchautorin und einer Szene, in der eine bereits in die Jahre gekommene Astrid Lindgren Briefe öffnet, die sie zu ihrem Geburtstag erhielt. Aus dem Off ertönen immer wieder die Stimmen von Kindern, die der Autorin schrieben, um ihr zu gratulieren oder sie um Rat zu bitten. „Liebe Astrid, du schreibst wie ein Kind, obwohl es doch so lang her ist, dass du selbst Mal eines warst“, richtet sich ein Junge an sie.
Regisseurin Pernille Fischer Christensen gelingt es, die junge Astrid so zu porträtieren, dass es für das Publikum beim Schauen mehr und mehr deutlich wird, wie dieses Phänomen zu erklären ist. Sie wuchs Anfang des 20. Jahrhunderts auf, einer Zeit, in der es als rebellisch galt, sich die Haare kurz zu schneiden und war mit der Erziehung ihres Sohnes vollkommen auf sich selbst gestellt. Obwohl Reinold ihr Unterstützung anbietet, lehnt sie diese, wie auch sein Geld, ab, weil sie mit seinen Einstellungen nicht konform geht. Ihr ganz eigener Sinn, die Erziehung ihrer Eltern, dessen Richtung sie selbst so grundlegend ablehnt und ihre grenzenlose Fantasie haben Astrid Erricson durch diese Zeit begleitet, welche wohl auch dazu beitrug, dass sie sich mit ihren Büchern Jahre später in die Herzen der Kinder schrieb.
Die weiten Totalen vom winterlichen Småland versetzen die Zuschauer*innen in die Welt von Michel aus Lönneberga und den Kindern aus Bullerbü. So will man am Ende des Films am liebsten aus dem Kinosaal stürmen und zuhause all die Bücher aus dem Regal ziehen, um noch einmal in die Geschichten zu tauchen. Dieses Biopic ist ein emotionales Geschenk für alle Fans von Astrid Lindgren. Der Film endet mit einem schwedischen Lied, welches eine Schulklasse aufgenommen und als Kassette an die Autorin schickte: „Springen, du musst springen. Durch den Tod, in das Leben. Pass auf, dass du wirklich lebst!“, heißt es in der deutschen Übersetzung.
In den Kinos ab: 6. Dezember 2018
Fotos: Copyright Erik Molberg Hansen / DCM
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