Die Stimme der Roma
Der Leipziger Verein Romano Sumnal leistet Aufklärungsarbeit über Roma in Sachsen und unterstützt Jugendliche. Dafür wurde er 2018 mit dem Sächsischen Förderpreis für Demokratie ausgezeichnet.
Es riecht nach Farbe, wenn man ins Büro des Vereins Romano Sumnal in Grünau kommt. Jugendliche haben Eierkartons für ihr eigenes kleines Musikstudio angemalt und an die Wände eines Hinterraums des Büros geklebt. An der Wand hängt eine blau-grüne Flagge mit einem roten Rad in der Mitte, das Identitätssymbol der Rom*nja. Der Begriff ist die gegenderte Form der Selbstbezeichnung der größten in Europa lebenden Minderheit.
Der Verein gehört zu einer von sechs Initiativen, die bei einem Festakt in der Dresdner Semperoper Anfang November für ihr Engagement in der sächsischen Zivilgesellschaft mit dem Sächsischen Förderpreis für Demokratie ausgezeichnet wurden. Nachdem im Zuge der neuen Freizügigkeit in Europa in den 2000ern viele Rom*nja aus Osteuropa nach Deutschland kamen, wurde der Verein im Herbst 2013 gegründet. „Wir haben uns einfach geärgert, dass so viel über Roma berichtet wird, aber nie Roma selbst gefragt werden“, erzählt Petra Sejdi, Projektleiterin im Verein. Neben verschiedenen Workshops, Veranstaltungen und Projekten zum Thema Rom*nja in Sachsen bietet der Verein regelmäßige Sprechzeiten in seinem Büro in der Ludwigsburger Straße an, einem Anlaufpunkt für Unterstützung und Hilfe. Aktuell gibt es außerdem zwei Jugendprojekte: „Wissen macht stark“ und „Roma in Sachsen“. Bei beiden sollen sich Jugendliche mit sich selbst und der Geschichte von Rom*nja auseinandersetzen. Auch Freizeitprojekte wie das kleine Musikstudio oder ein Theaterstück sind Teil der Vereinsarbeit, genauso wie Unterstützung in der Schule und bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz.
Melissa Sejdi und Idaver Sefer, beide 19 Jahre alt, sind schon seit mehreren Jahren im Verein aktiv. Als Abschlussprojekt ihrer Ausbildung zum*zur Multiplikator*in eines Projekts des Berliner Partnervereins Amaro Drom haben sie Ende November eine Veranstaltung zur Geschichte der Rom*nja organisiert und den Sprach- und Literaturwissenschaftler Hristo Kyuchukov als Experten eingeladen. Mit der Multiplikator*innen-Ausbildung können die beiden später Bildungsarbeit in Schulen machen. „Es ist uns ganz wichtig, dass unsere Jugendlichen einen Professor anhören können, der sich sehr viel damit beschäftigt hat. Damit sie wissen, woher sie kommen“, erklärt Melissa, die gerade ihr Fachabitur macht.
Die Geschichte der Rom*nja, die laut mehreren Hypothesen im Nordwesten Indiens beginnt, ist von Diskriminierung, Verfolgung und Flucht geprägt. Noch immer machen rechte Parteien in ganz Europa Hetze auf Rom*nja-Familien. Erst 1982 wurden die Völkermordverbrechen der Nationalsozialisten an Rom*nja offiziell anerkannt. Auch in Sachsen werden Rom*nja immer wieder Opfer von rechten Angriffen. Erst Anfang des Jahres wurde in Plauen ein Haus, in dem eine Rom*nja-Familie lebte, angezündet und versucht die Feuerwehrarbeiten mit „Lasst sie brennen!“-Rufen aufzuhalten. „Das ist nicht so einfach mit der Weltoffenheit im sächsischen Umland“, bedauert Petra, die immer wieder Opfer rechter Gewalt unterstützt und Informationsarbeit zur Situation der Rom*nja leistet. Anerkennung und finanzielle Unterstützung, wie die des Förderpreises, sind deshalb für den Verein sehr wichtig.
Die Veranstaltungen richten sich vor allem an Leipziger Rom*nja und andere Interessierte, doch Idaver meint: „Es wäre auch schön, wenn mal ein Politiker kommen würde, der was an der Situation von Roma ändern könnte!“
Titelfoto: José Fernández
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