Wanderbecher für den nachhaltigen Kaffee zum Mitnehmen
Noch sind die wiederverwendbaren Pfandbecher von Recup in Leipzig spärlich gesät, nun werden die Bäckereien aktiv angesprochen, Teil der umweltfreundlichen Bewegung zu werden.
Seit Oktober 2018 gibt es in Leipzig ein Pfandsystem für Coffee-to-go, um die Sintflut an Einwegbechern einzudämmen (student! berichtete im November). Mittlerweile bieten zehn Cafés und Bäckereien den Recup aus recyclebarem Kunststoff an, fünf weitere befinden sich in den Startlöchern. Der BUND Leipzig übernimmt mit der Kampagne Recycling2Go die lokale Öffentlichkeitsarbeit für das Start-Up Recup und veranstaltete den ersten Runden Backtisch am 31. Januar, um Leipziger Bäcker*innen als möglichen Partner*innen die Gelegenheit für Fragen und Diskussionen zu bieten. „Mit den Bäcker*innen steht und fällt so ein System“, findet Projektleiter Sebastian Gerstenhöfer. Denn Bäckereien seien für viele die erste Anlaufstelle, wenn es um den Kaffee zum Mitnehmen geht. Die Einladung zum Austausch nahmen sechs Leipziger Inhaber*innen wahr, unter anderem zeigte sich Lukas Grieser, Juniorchef des lokalen Branchenriesen LUKAS Bäcker sehr interessiert.
Das nächste große Ziel der Kampagne ist, bis Juli 30 Partner zu finden. Denn dann würde Leipzig wie schon Berlin und 20 andere deutsche Städte als „Recup-Stadt“ gelten und die Becher würde ein eigenes Stadtdesign zieren. Wie das wirkt, zeigt Tom Rau von Bagel Brothers Deutschland, als er ein wenig verspätet den Raum mit einem Sylter Recup in der Hand betritt und Staunen erntet. „Die Becher wandern durch ganz Deutschland“, erzählt er stolz und so kam der Sylter Becher in die Leipziger Filiale. Bagel Brothers war einer der ersten Partner in Leipzig und ist seitdem fester Unterstützer des Pfandsystems. Die Kette führt zusätzlich die klassischen Einwegbecher und sieht Recup als Ergänzung, anstatt als Ersatz. Trotzdem berichtet Rau, dass die Einsparungen an Pappbechern in den beiden Filialen in Leipzig schon jetzt deutlich spürbar sind.
Das größte Problem bei Recup ist am Tisch, dass der Mehrwegdeckel aus Plastik nicht zu dem Pfandsystem zählt. Aufgrund von nicht zu sichernden Hygienevorschriften ist der Deckel für 86 Cent zu kaufen, muss zuhause gespült und wieder mitgebracht werden. Bei Bagel Brothers gibt es als Alternative einen passenden Einwegdeckel dazu, der die Freude der Nachhaltigkeit jedoch ein wenig dämpft.
Es wird schnell klar, dass bei allen eingeladenen Bäcker*innen der Wille zur Veränderung und zum Umweltschutz da ist. So erzählen die Gründer*innen der Bäckerei & Konditorei Grunwald von ihrer erfolgreichen Umstellung auf wiederverwendbare Stoffbeutel: „Man kann sich die Kunden auch erziehen, das ist aber ein langer Weg“, meint Grunwald. Besonders für die Besitzer*innen von kleineren Bäckereien, wie Ralf Hauenschild von Espresso Zack Zack und Holger Martins von der Naturbackstube Connewitz ist dieser Weg nicht ohne Risiko. Die extra Arbeit kann Kund*innenschlangen und Stress bedeuten, außerdem möchte sich niemand mit den Hygienevorschriften anlegen. Für die Bäcker*innen fehlt ein absichernder rechtlicher Rahmen, um sich in den vielen Bereichen sicher zu fühlen.
Dieser Wunsch nach einem rechtlichen Rahmen und gesetzten Vorschriften fällt oft am Runden Backtisch, um die nachhaltige Bewegung zu einer demokratischen und notwendigen Auseinandersetzung zu machen – Johann Singer, der die Veranstaltung als Stimme für das Amt für Umweltschutz Leipzig besucht, kann zu diesem Wunsch jedoch wenige Informationen geben. Während die Stadt die Recycling2Go-Kampagne finanziell unterstützt, kann sie nicht in die generelle umwelttechnische Entwicklung eingreifen.
Die Entscheidung für das nachhaltige Pfandnetzwerk bleibt also besonders für kleinere Bäckereien eine schwierige, obwohl der Wille und das Verständnis vorhanden sind. Trotzdem endeten die Gespräche mit einem positiven Eindruck und Gerstenhöfer ist sich nach der Veranstaltung sicher, „dass wir zukünftig viele Bäckereien im Pfandsystem sehen werden. Und zum Schluss ist für mehrere Bäcker*innen die immer öfter aufkommende Nachfrage nach den Mehrwegbechern am bedeutsamsten – und diesem Kund*innenwunsch möchte man nachkommen.
Titelbild: Sebastian Gerstenhöfer/ BUND Leipzig
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