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  • Exmatrikulationsängste – Hilfe, ich bin fertig mit meinem Studium

    Kolumnistin Anne ist ein Mü davon entfernt, den Endgegner zu besiegen, aber fürchtet sich, das Spiel zu Ende zu spielen. Ein letztes Mal Kolumne. Ein letztes Mal über First-World-Problems jammern.

    Ich bin traurig. Mein Walkman geht kaputt. Und das nach 20 gemeinsamen Jahren, in denen wir uns zusammen zum wandelnden Harry-Potter-Trivia-Lexikon hochgearbeitet haben. Möglicherweise tue ich mich schwer mit Veränderungen. Ich will keinen Spotify-Account. Ich will meinen funktionierenden Walkman zurück.

    Außerdem möchte ich eigentlich niemals aufhören, um einen Platz in der Mensa am Park zu kämpfen oder in der Bibliothek oder in Sportkursen. Ich habe meine Masterarbeit fertig geschrieben und am Freitag ist mein erster Arbeitstag in einem richtigen, bezahlten Job. Und darauf bin ich auch ein bisschen stolz, denn den habe ich tatsächlich bekommen, ohne jemals Praktikantin gewesen zu sein (außer zweimal zwei Wochen während der Schulzeit, aber das zählt ja wohl nicht). Eigentlich müsste ich mich nach Monaten zwischen Büchern, GoogleScholar und LaTeX-Tutorials fühlen, als hätte ich die du-kommst-aus-dem-Gefängnis-frei-Karte gezogen, aber irgendwie ist es eher, als würde mir das All-Inclusive-Bändchen abgeschnitten werden.

    Ich bin nicht blöd und auch nicht undankbar; ich weiß, dass das Bändchen aus Steuergeldern finanziert wird und es nur fair ist, jetzt auf die andere Seite der Macht zu wechseln. Trotzdem war es cool, bei spontaner Hitzewelle Richtung Cossi zu radeln. Und es ist erschreckend zu wissen, dass ich nie wieder so viel Freizeit haben werde wie während des Studiums. Mal ganz zu schweigen von den ganzen Angeboten, die die Uni an Weiterbildung, Sprachen und Sport zu bieten hat. An keinem anderen Ort kann man gleichzeitig lernen, was „Besenstiel“ auf Japanisch, Russisch und Schwedisch heißt, und dann auch noch beim Quidditch darauf umherfliegen oder Kendo-Verteidigungskünste trainieren.

    Meine Mutter hat mir geraten, nochmal den Kleiderschrank zu sortieren und vor allem von Stücken zu befreien, die nicht mehr so ganz intakt sind, egal wie gerne ich sie habe. Ich wolle ja seriös rüberkommen, nicht für kindisch gehalten werden. An der Uni ist es egal, wie man aussieht. Im Berufsleben eher nicht. Noch ein Punkt für die Uni.

    Trotz allem mimimi: Mit dem Studium lasse ich ja nicht mein komplettes Leben zurück. Es klingt zwar kitschig, aber gute Freundschaften bleiben und warten bestimmt auch mal mit der Radtour bis nach Feierabend.

    Um mein Uni-Kapitel mit den Worten von Nessaja zu schließen: „Erwachsen – was heißt das schon? Vernünftig – wer ist das schon?“ Übrigens auch eine meiner Lieblingskassetten, die ich jetzt leider nicht mehr hören kann.

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