In der Masse der Messe ein Kleinod
Leipziger Buchmesse bedeutet: Reizüberflutung. Aber zwischen den abertausenden Ständen, die mit Informationen und Werbung um sich werfen, verbirgt sich ein unerwarteter Ruhepol in Halle 3.
Der Marktplatz Druckgrafik bietet die schönsten Werke auf den kleinsten Ständen der Messe. In Siebdruck, Holzschnitt und dutzend weiteren Techniken wird Druck- und Buchkunst hier in all seiner Vielfältigkeit gezeigt und lädt den zufälligen Besucher in eine Kunstnische ein, die oft im Verborgenen bleibt. Perfekt um dem Trubel zu entgehen und die Schönheit des Kleinen und Originalen wirken zu lassen.
Redakteurin Marie hat mit den Organisatorinnen Petra Schuppenhauer und Franziska Neubert von der ehrenamtlichen Initiative grafiknetzwerk.de gesprochen.
student!: Wie sind der Marktplatz Druckgrafik und die Zusammenarbeit mit der Messe entstanden?
Petra: Vor neun Jahren war der Ausstellerbereich mit der originalgrafischen Kunst auf der Messe kurz vorm Sterben, die Ausstellerzahlen gingen immer weiter zurück und entsprechend wenig Publikum kam. Katja Zwirnmann hat eine Initiative gestartet, bei der wir von Anfang an dabei waren. Wir haben in Gesprächen mit der Messe zusammen versucht ein neues Konzept für den Bereich zu finden. Das führte dazu, dass es neue Standmodelle gab, die es auch Einzelkünstlern ermöglichten, einen ganz kleinen Stand mieten zu können. Dadurch hat sich die ganze Entwicklung gedreht und ein Jahr später haben wir einen Wettbewerb mit der Messe ins Leben gerufen. Dabei können sich Studenten oder Absolventen bis ein Jahr nach Abschluss mit originalgrafischer Kunst und Büchern bewerben und eine Standecke gewinnen.
Weshalb ist es wichtig, den Marktplatz Druckgrafik auf der Leipziger Buchmesse zu zeigen?
Petra: Dass sich der junge, direkte Nachwuchs präsentieren kann ist ganz wichtig und sich immer wieder neue und jüngere Leute mit ihren Arbeiten präsentieren, damit die Arbeit zeitgemäß bleibt.
Franziska : Es gab über Jahre Nachwuchsprobleme, es war immer die Intention, dass der Marktplatz jung bleibt und die Leute sich das auch trauen. Man muss sich auf die Messe stellen und letztlich mit potentiellen Sammlern, Bibliothekaren und Kunden reden.
Petra: Das ist schon so eine Sache, sich selbst als Künstler zu präsentieren und zu vermarkten, das lernt man nicht im Studium. Es gibt wenige Galerien, die sich auf Grafik, Druckgrafik spezialisieren, weil es nicht rentabel ist und Grafik im Vergleich zu Malerei oder Fotografie günstig ist. Da muss man sehen, dass man selbst die Sache in die Hand nimmt und den Kontakt zu dem Käufer suchen. Darum geht’s ja letzten Endes auf der Messe. Es zählt nicht nur der Verkauf, sondern auch sich zu zeigen und zu präsentieren.
Franziska: Besonders an dem Marktplatz ist aber auch, dass, anders als sonst auf der Messe, direkt verkauft wird. Die Grafiken und Bücher sind oft nicht über den klassischen Bücherhandel erhältlich. Wenn die Leute am Stand stehen, können sie es gleich mitnehmen und man hat auch den direkten Kontakt zu den Produzenten.
Petra: Ja, man sieht viele Sachen, die man sonst nicht zu sehen bekommt, die nie in der Buchhandlung auftauchen wird, vielleicht mal in Ausstellungen, wenn man Glück hat.
Konntet ihr in den letzten Jahren eine Art Trend in den Einreichungen feststellen?
Franziska : Ich würde nicht „Trend“ sagen, denn Kunst und Trend passen meines Erachtens nicht zusammen. Aber man merkt, dass es wieder Leute gibt, die sich damit beschäftigen, obwohl es nicht unbedingt rentabel ist. Es gibt eine jüngere, nachwachsende Generation, die die Techniken sehr versiert und gekonnt beherrscht.
Petra: Da muss man sagen, vor zehn bis 20 Jahren wurden viele der grafischen Werkstätten an den Hochschulen eingemottet, nicht in Leipzig, aber anderorts. Mittlerweile gibt es eine Umkehrbewegung, Werkstätten werden wieder geöffnet, weil Interesse von den Studenten besteht.
Franziska : Man hat heute im Grunde einen universellen Zugang zu Bildern, an jeder Stelle zu jedem Zeitpunkt. Selbst eine Grafik, die in einer Auflage von zum Beispiel zehn Exemplaren gedruckt wurde, wird als Original wahrgenommen. Der einzige Trend, den ich erkenne, ist, dass Grafik wieder einen Wert an sich hat und nicht so leicht verfügbar ist, wie ein Post im Internet.
Petra: Ich würde auch einen Generationswechsel zu mir persönlich sehen: Für uns waren die neuen Medien wirklich neu, das Telefon und Tablet in der Tasche gab es nicht. Daher gab es auch innerhalb der Hochschulen und Studentenschaft riesiges Interesse. Aber die Generation, die jetzt studiert, ist damit schon längst aufgewachsen, für die ist es nicht mehr so spannend oder neu. Ich denke, dass deshalb jetzt gerade die grafischen Techniken oder das Handwerkliche, mit den Händen Bilder zu schaffen, das Exotische ist, das für uns damals das Grafiktablet war.
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