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  • Mit einer halben Bibliothek zum Bundesligaspiel

    Gregor Remke ist 21, Profihandballer und KMW-Student an der Universität Leipzig. In seinem Alltag dreht sich alles um den Ball. Trotzdem legt er auch mal einen Netflix-Tag ein.

    Spagat zwischen Studium und Sport

    Teil 2 unserer Online-Reihe Spagat

    Ein kalter, grauer Freitagmorgen: Vor dem Eingang eines Backhauses in der Leipziger Innenstadt läuft ein großer, sportlich gebauter Mann im Wintermantel auf und ab. Ein paar Schritte entfernt steht sein Fahrrad, mit dem er heute trotz Kälte und Wind gekommen ist. Gregor Remke ist 21 Jahre alt, studiert im vierten Semester Kommunikations- und Medienwissenschaft (KMW) an der Universität Leipzig und ist Profihandballer. Das merkt man dem Studenten zunächst gar nicht an.

    An der Theke bestellt er einen Kaffee und einen Papageienkuchen. Gregor spielt in der ersten Handball-Bundesliga beim SC DHfK Leipzig, besitzt aber eine Doppelspiellizenz, sodass er auch mal beim EHV Aue aushilft. Außerdem ist er in der U21-Nationalmannschaft. Das internationale Parkett ist ihm somit nicht fremd. Im Sommer geht es zur Weltmeisterschaft nach Spanien. Und als wenn das für einen 21-Jährigen nicht schon genug Verpflichtungen wären, wälzt er nebenbei noch Fachliteratur, schreibt Hausarbeiten und sitzt in Vorlesungen. „Ich frag mich immer, was die Leute in ihrer Freizeit so machen, die einfach nur studieren“, merkt Gregor lachend an.

    Während der Saison geht es für ihn acht Mal in der Woche zum Training. Dienstags bis donnerstags jeweils morgens und abends; freitags und samstags nur einmal täglich. Sonntag ist Spieltag. Zu Auswärtsspielen reist der Handballer bereits am Vortag gemeinsam mit seiner Mannschaft an. Montags hat Gregor dann etwas Luft. Die nutzt er, um den verpassten Stoff aus der Uni nachzuholen. Er ist dankbar, in seinem Studiengang gute Freunde gefunden zu haben, die ihn auf dem Laufenden halten, wenn er mal wieder in Deutschland oder der Welt herumtourt. „Ich bin echt froh, auch ein paar Freunde zu haben, die nichts mit Handball am Hut haben“, gibt er lachend zu, während er mit seiner Gabel in den Kuchen sticht. Gregor hat das Sportgymnasium in Leipzig besucht. Seitdem er 17 Jahre alt ist, dreht sich sein ganzes Leben um den Ball. Nach dem Abitur ist er in eine WG gezogen. Seine Mitbewohner: alle Handballer. Auch sein kleiner Bruder eifert ihm sportlich nach.

    Dass seine Familie aus Leipzig kommt, ist für Gregor eine Erleichterung. Denn Zeit, am Wochenende zu den Eltern zu fahren, wie andere Studierende das tun, hätte er nicht. Gestresst wirkt er jedoch nicht. Die Frage, ob er trotz eng getaktetem Trainingsplan, Seminaren und Prüfungen manchmal auch einfach nur einen Netflix-Tag einlegt, kann er jedenfalls mit einem Lachen bejahen. „Mir macht das alles Spaß, sonst würde ich es nicht machen“, begründet er seine Gelassenheit.

    Lediglich zur Prüfungszeit wird es dem Studenten etwas zu viel. Dann nimmt er seine Bücher und das Lernmaterial mit zu Auswärtsspielen, versucht noch etwas für die Uni zu machen und sich dennoch auf das bevorstehende Spiel zu konzentrieren. „Mein Trainer sagt immer, dass ich eine halbe Bibliothek mit mir herumschleppe.“

    Gregor wirkt wie jemand, der nur Dinge tut, für die er sich wirklich interessiert. Das sei auch der Grund, weshalb er sich für ein kommunikationswissenschaftliches Studium entschieden hat. Er will sich neben dem Sport ein zweites Standbein aufbauen aber dennoch nichts machen, an dem er keinen Spaß hat. Handball steht für ihn jedoch immer an erster Stelle. Dass der Sport weniger Anerkennung und Bezahlung mit sich bringt als Fußball, scheint ihn nicht sehr zu stören. Der Nationalsport sei ein schwieriger Vergleich und man müsse auch andere Sportarten betrachten, zu denen Handball verhältnismäßig gut dastehe. „Ich kann mir mit meinem Sport mein Studium finanzieren“, betont Gregor die Vorzüge seiner Doppelbelastung und wirkt dabei sehr stolz.

    Titelbild: Steve Löser

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