Wiederkäuende Freude
Kolumnistin Annika ist in Kühe vernarrt und denkt sogar im Schlaf an sie. Ihr Traum: Einmal mit Kühen kuscheln.
Wenn ich Langeweile habe, male ich mir die nächsten Urlaubsorte im Kopf aus und stöbere nach den perfekten Reisezielen. Endlich mal wieder Auszeit und Entspannung. Während andere dabei an Städtetrips oder Strandparadiese denken, kommen mir nur Kühe in den Sinn. Egal ob groß oder klein, flauschiges oder glattes Fell: Kühe machen mich glücklich. Ich präzisiere – glückliche Kühe machen mich glücklich. Kühe, die in der Herde grasen können, traben können, wann sie wollen, und denen ihre Kälber nicht weggenommen werden.
Das Ding mit den Kühen fing bei mir schon ziemlich bald an: Als ich klein war bin ich in unserem Dorf immer zu einem Bauern gegangen, der Milchkühe hatte, damals eigentlich noch wegen der Katzenbabys. Super niedlich und manchmal sogar Katzenbabys übertrumpfend fand ich allerdings die Kälber ̶ im Fränkischen auch Moggerla genannt ̶ , die manchmal in kleinen Einzelboxen untergebracht waren. Hervorragend um sie streicheln zu können. Wie süß! Dass es jedoch total unnormal ist, dass diese nicht bei ihrer Mutter sind und irgendwann auf einmal nicht mehr da waren, habe ich zu dem Zeitpunkt noch nicht hinterfragt.
Mein gesteigertes Glücksgefühl in der Nähe von Kühen hat allerdings seinen Ursprung in einer kleinen Reise, die ich 2017 mit einer Freundin unternahm. Wir waren wwoofen – wwoofen? Der WWOOF ist eine Organisation, die es in fast jedem Land gibt und die bei der Vermittlung von freiwilligen Helfer*innen und „organic farms“ hilft. Anstatt damals auf rein pflanzlichen Farmen zu helfen, wollte ich jedoch unbedingt Kühe um mich haben. Sehr widersprüchlich für eine Vegetarierin, da auch diese natürlich irgendwann zum Schlachter gebracht werden. So kam es, dass ich dabei war, als Mutterkühe und Kälber rabiat getrennt wurden, damit die männlichen Kälber dann betäubungslos kastriert werden konnten. Auf einer anderen Farm musste eine kranke Kuh auf der Weide an den Beinen gefesselt werden, damit sie vorne an einen Traktor gehängt werden konnte, der sie dann in einen Anhänger verfrachtete. Dabei quetschten die Bänder, die um sie gelegt waren, ihren Bauch ein, ihre Augen stachen ungesund hervor und ihre Zunge quoll aus ihr heraus. Sie starb während des Transports.
Alles Situationen, in denen sich mein Magen umdrehte. Auch wenn diese Beispiele von Farmen stammen, auf denen Kühe teils riesige Weideflächen hatten und sich frei in ihrer Gruppe bewegen konnten, wurden die Tiere letztendlich doch nur als Güter gesehen und das prägte mich. Abgesehen davon hatte ich dort aber auch eine echt schöne Zeit, war immer von Natur und Tieren umgeben. Ich fand es beruhigend den Kühen beim Futtern und gemeinsamen Rumliegen zuzusehen. Komisch, aber irgendwie machte mich das glücklich.
So kommt es, dass ich immer, wenn mich die Sehnsucht nach Ruhe, Natur und Ausgeglichenheit einholt, nach glücklichen Kühen stöbere. Meiner Meinung nach findet man diese nur auf sogenannten Lebenshöfen. Dort können gerettete Tiere aus der Industriehaltung das tun, was sie normalerweise zu tun pflegen. Unter naturnahen Bedingungen grasen Kühe rund zwölf Stunden und legen bis zu 40 Kilometer pro Tag zurück.
Inzwischen ist es so weit gekommen, dass ich dabei bin, eine Kuh zu malen, unser Printerwahn-Sticker mir sehr ans Herzen gewachsen ist und, ja, manchmal träume ich auch von grasenden Wiederkäuern. Am liebsten würde ich jedoch endlich mal wieder eine Kuh in natura sehen. Auch wenn ich hinterfrage, ob mein Verhalten nicht ausnutzend ist, es ist letztendlich meine persönliche Bedürfnisbefriedigung, stehen Kühe dieses Jahr ganz oben auf meiner Urlaubsliste. Und wer weiß, vielleicht kuschle ich ja auch mal mit einer.
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