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  • Wann wird Leipzig zur Fahrradstadt?

    Leipzig belegte beim Fahrradklima-Test des ADFC unter Deutschlands Großstädten zwar Platz 3. Die Umfrage offenbarte dennoch Unzufriedenheit unter den Leipziger Radfahrern. Was muss passieren?

    Bereits zum achten Mal organisierte der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) 2018 eine bundesweite Befragung zum Radverkehr in deutschen Großstädten. Rund 170.000 Menschen, darunter 2.300 aus Leip­zig, wurden zu ihrer Wahr­neh­mung der Verkehrs­be­din­gun­gen für Radfahrende be­fragt. Dabei wurde unter ande­rem erhoben, wie es um ihr Sicherheitsgefühl bestellt ist, ob Radwege eine schnelle Anbindung ins Zentrum ermöglichen und wie familienfreundlich der städt­ische Radverkehr ist. Verteilt wurden Schul­noten von 1 bis 6. Leipzig erreichte eine Ge­samtwertung von 3,9 und belegt damit unter den Städten mit über 500.000 Einwohnern den dritten Platz hinter Bremen und Hannover.

    Das Testergebnis ist dennoch kein Grund zur Euphorie, denn 71 Prozent der Radfahrenden gaben an, sich im Verkehr nicht sicher zu fühlen. Zu schmale Radwege und mangelnde Distanz zum Autoverkehr sind Gründe für das Unbehagen. Rebec­ca Peters, Mitglied des ADFC-Bundesvorstands, sagt: „Die Menschen in Deutschland haben das Gefühl, dass für das Rad zu wenig getan wird. Sie fühlen sich nicht sicher beim Radfahren und als Verkehrsteilnehmer nicht ernst genommen.“ Zudem wurden in Leipzig ins­be­son­dere die Falschparken-­Kon­trol­le und der Winterdienst auf Radwegen für unzureichend befunden. Positive Aspekte seien hingegen die gute Erreichbarkeit des Stadtzentrums, die Versorgung mit öffentlichen Fahr­rädern und die in der Gegenrichtung geöffneten Einbahnstraßen. Dem politischen Wunsch entsprechend sollen sich in Zukunft noch deutlich mehr Menschen auf den Sattel schwingen: Bis 2020 plant die Stadt Leipzig, einen Radverkehrsanteil von 20 Prozent auf täglichen Wegen zu erreichen. Marco Böhme, Spre­cher der Fraktion DIE LINKE im sächsischen Landtag für Klimaschutz und Mobilität, kritisiert: „Außer Ankündigungspolitik be­wegt sich in Sachsen nichts. Es braucht eine grundlegende Reform der Verkehrsorganisation sowie eine stär­kere Förderung des Freistaats für um­welt­freundliche Mobilitätsformen.“ Seine Fraktion fordert unter anderem den gezielten Aufbau von sicheren Fahrradabstellanlagen an den 25 größten Bahnhöfen und ein sachsenweites Netz von Fahrradstationen.

    Der ADFC geht einen Schritt weiter und wirbt mit der bundesweiten Mitmach-Kampagne #MehrPlatzFürsRad für eine radikale Umstrukturierung der Fahrradwege, hin zu mehr Qua­lität und Platz für Radfahrende. Im Rahmen der Aktion soll landesweit symbolisch Platz für das Rad geschaffen werden. Das geschieht durch Selfmade-Radwege an kritischen Stellen, die mit einem Flatterband markiert werden, oder in Form von Poolnudel-Demonstrationsfahrten, um auf den nötigen Abstand beim Überholen hinzuweisen.

    Städte wie das holländische Utrecht demonstrieren, dass eine Mobilitätsreform durch kon­sequente Investitionen in eine fahrradfreundliche Infrastruktur möglich ist. Hier werden mittlerweile 60 Prozent aller Wege im Zentrum mit dem Rad zurückgelegt. Diese Fahrradbegeisterung ist auf die breiten und komfortablen Radwege zurückzuführen, die getrennt vom Autoverkehr ver­lau­fen und damit auch Kindern eine sichere Fahrt ermöglichen. Mehr Platz fürs Rad bedeutet aller­dings auch, dass parkende Autos von den Straßen­rändern weichen müssen. Wer im Alltag weiterhin auf einen Pkw angewiesen ist, benötigt dann alternative Parkmöglichkeiten.

    Veränderungskonzepte für Leip­zig müssen deshalb Wege aufzeigen, mit denen der Übergang zur Fahrradstadt auf organische Weise gelingen kann, da­mit niemand auf der Strecke bleibt.

     

    Foto: ADFC Berlin

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