Mit Schwung in den Stadtrat
Der junge Mechatroniker Tom Pannwitt lässt seine politischen Erfahrungen in einer Kandidatur für den Leipziger Stadtrat münden. Er macht damit auch den Erneuerungswillen der SPD-Ortsgruppen sichtbar.
Tom Pannwitt streicht sich das kinnlange Haar aus dem Gesicht und setzt zum Appell an. „Das Wahljahr in Sachsen wird richtig heiß“, sagt er mit Überzeugung in der Stimme. „Wer nicht möchte, dass Leipzig wieder einen Schritt in seiner Entwicklung zurück macht, muss an die Urne!“ Der 30-Jährige ist der SPD-Kandidat auf Listenplatz eins im Wahlkreis 1 in Leipzig und hofft bei der Kommunalwahl am 26. Mai, wie alle Kandidierenden, auf einen Platz im Leipziger Stadtrat. Zu seinem Wahlkreis Nordost gehören etwa die Stadtteile Neuschönefeld, Paunsdorf und Thekla.
Auf seinem Weg in die Kommunalpolitik spielte nicht nur der Standort Leipzig eine Rolle. Aufgewachsen in Mecklenburg-Vorpommern machte er eine Ausbildung zum Mechatroniker bei der Deutschen Bahn in Rostock. Als er 2009 nach einem Arbeitsplatz suchte, war dieser Teil Deutschlands besonders von der Wirtschaftskrise betroffen. Deshalb ging Pannwitt einem Jobangebot seines Arbeitgebers nach und reiste quer durch die Republik, um in Basel zu arbeiten, und in Freiburg im Breisgau zu leben. „Ich war tätig in der Jugendverbandsarbeit, seitdem ich 15 Jahre alt bin “, erzählt er. In Freiburg arbeitete er zunächst in einer parteilosen Gruppe, dann wechselte er zu den Jungsozialist*innen. Heute ist er als Referent für Öffentlichkeit und Verwaltungsaufgaben beim Stadtjugendring Leipzig tätig, und hat sein Ehrenamt zum Hauptamt gemacht. Rückblickend sei es eine logische Konsequenz, dass er nun für die SPD bei den Kommunalwahlen antrete, meint Pannwitt. „Ich war seit dem Unterschreiben meines Lehrvertrags immer in der Gewerkschaft aktiv, und in der Kommunalpolitik sowieso.“
Im Jahr 2017 zog Pannwitt nach Leipzig, um weiterhin mit seiner Freundin zusammenleben zu können. „Ich bin also nicht hier wegen der Goldgräberstimmung, sondern wegen der Liebe “, sagt er schmunzelnd. Pannwitt sieht in der stetig wachsenden und jungen Stadt Leipzig großes Potential. Wie man mit diesem Potential umgehen sollte, hat die SPD-Ortsgruppe in ihrem Wahlprogramm formuliert: Den Wohnraum bezahlbar halten und bezahlbar machen, und darüber hinaus Räume für Nachbar- und Gemeinschaft schaffen, indem etwa Hinterhöfe nicht zu Gärten von Erdgeschosswohnungen gemacht werden, sondern Hinterhöfe bleiben: für einen Treffpunkt der Hausgemeinschaft, einen Platz für mögliche Grillfeste im Sommer.
Pannwitt sitzt auf einer Bank im Rabet-Park, nahe der Eisenbahnstraße, die ebenfalls Teil seines Wahlkreises ist. Er erzählt ruhig, aber mit Nachdruck. „Eine positive Entwicklung der Stadt muss eine positive Entwicklung aller Stadtteile sein“, sagt er. Seit Mitte April geht Pannwitt auch von Tür zu Tür, legt seinen Schwerpunkt im Wahlkampf auf Präsenz in der Öffentlichkeit und auf Nahbarkeit. Wenn Pannwitt mit der zweiten Kandidatin des Wahlkreises, die Studentin Josephine Scholl, auf der Straße steht, stellen sie offene Fragen und hören viel zu. Zum Beispiel: Braucht es einen Quartiersbus, der die Wohngebiete engmaschiger bedient, oder reicht die Straßenbahn? Nicht in allen Stadtteilen wird dies gleichgut angenommen, doch es gehe vor allem darum, ansprechbar zu sein.
Diese Ansicht gilt nicht nur im Ortsverein Nordost, die ganze SPD-Fraktion Leipzig strahlt im Hinblick auf die Kommunalwahl Erneuerungswille aus. Im Moment sind nur zwei der elf SPD-Stadträt*innen Frauen. Nun treten die Ortsgruppen gesammelt im neuen Gewand auf, 47 der 110 Listenplätze werden stadtweit von Frauen belegt. Pannwitt würde zudem im Falle seiner Wahl zu den jüngeren Mitgliedern des Stadtrates Leipzig gehören. Seine Kollegin Josephine Scholl ist mit ihren 20 Jahren ein gutes Beispiel der Bereitschaft zu einer jüngeren und weiblicheren SPD in Leipzig. In kleinen Clips in den sozialen Medien strahlen sie und Pannwitt Einsatzbereitschaft aus, sprechen über Themen wie bezahlbaren Nahverkehr. Der Altersschnitt ändert auch die Haltung gegenüber vielen Themen, allen voran dem Klimaschutz. Der Umgang mit Umweltthemen im Leipziger Stadtrat ist laut Pannwitt dringend verbesserungswürdig. „Die älteren Stadträte, etwa von CDU und AfD, können mit Fridays-for-Future-Demonstrationen überhaupt nichts anfangen.“, beklagt er. Pannwitt selbst ist Mitglied beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Leipzig, und setzt sich ein für die Qualitätssicherung der Leipziger Seen und von Erhaltung und Ausbau der Grünflächen. Er fühlt sich absolut bereit für das Amt des Stadtrats, und blickt der Wahl zuversichtlich entgegen. Dass er irgendwann wieder als Mechatroniker arbeiten wird, schließt Pannwitt nicht aus. Im Moment will er jedoch all seine Energie in die politische Arbeit stecken – sein Umgang mit seinem gelernten Beruf beschränke sich bis dahin, so sagt er lachend, darauf „dem ein oder anderen Nachbar seinen Elektroherd anzuschließen“.
Bis zum 26. Mai laden wir Porträts von Kandidierenden für die Kommunalwahl hoch. Die porträtierten Personen gehören verschiedenen Parteien an; die Artikel werden in zufälliger Reihenfolge veröffentlicht.
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