„Wir stehen definitiv mehr unter Druck“
Seit April tourt die Band Giant Rooks mit ihrer neuen EP „Wild Stare“ durch Europa. Bei ihrem Konzert in Leipzig zeigten die Musiker aus Hamm (Westfalen), wieso sie auf die Bühnen dieser Welt gehören.
Vor ihrem Auftritt im Täubchenthal traf student!-Redakteur Hagen Küsters den Gitarristen Finn Schwieters und den Bassisten Luca Göttner zum Interview. Wie es sich anfühlt, zum ersten Mal der Main Act einer Tour zu sein, mit welchen musikalischen Größen sie gerne einmal zusammenarbeiten würden und wieso ausgerechnet ein Fahrrad bei der Namensgebung eine Rolle gespielt hat, erzählen die beiden Bandkollegen im entspannten Gespräch.
student!: Leipzig ist euch nicht fremd – Ihr habt unter anderem bereits 2016 auf dem Campusfest gespielt. Was verbindet ihr mit der Stadt?
Luca: Wir haben schon einige Male hier gespielt. Ich glaube, das ist heute unser siebter Auftritt in Leipzig. Wir hatten immer eine richtig schöne Zeit: Die Konzerte, die wir gespielt haben, waren wunderbar. Wir haben ein paar Bands supportet und sogar schon einmal in einem Hörsaal gespielt. Das war super lustig, auch wenn da drinnen gefühlt 40 Grad waren (lacht). Wir hatten bisher wirklich nur schöne Momente und die Stadt ist darüber hinaus sehr interessant.
Ihr macht seit 2014 gemeinsam Musik. Wie genau habt ihr zueinander gefunden?
Finn: Frederik (Frederik Rabe, Sänger der Band, Anm. d. Red.) und ich sind Cousins und haben schon ganz früh angefangen, Musik zu machen. Wir hatten unsere erste Band mit acht Jahren, die wir gemeinsam auf einer Familienfeier gegründet haben. Nach einer Zeit hat sich das Ganze dann aber erst einmal verlaufen. Mit 16 sind wir wieder eingestiegen und relativ schnell auf Johnny (Jonathan Wischniowski, Keyboarder, Anm. d. Red.) gestoßen, der mit uns zusammen die Schule besuchte. Wie haben ihn gefragt, ob er mit uns gemeinsam Musik machen möchte. Auf dem gleichen Weg kam auch Finn Thomas, unser Schlagzeuger, dazu, der damals in der Schulband spielte. Und Luca kam als letztes in die Band. Ihn haben wir über Freunde kennengelernt. Also gar nicht mal so spektakulär (beide lachen). Aber tatsächlich ein ziemlicher Glücksfall, denn Hamm ist nicht so super groß und für seine Musikszene bekannt.
Wie genau kam der Name zustande?
Finn: Tatsächlich stand auf meinem Fahrrad, mit dem ich immer zum Proberaum gefahren bin, „Giant“. Wir fanden den Namen übelst cool und auch mein Fahrrad. (grinst)
Luca: Das war mega cool! (lacht)
Finn: Und über den Begriff „Rooks“ bin ich zufällig gestolpert. Uns gefiel das Wort auf Anhieb und dass es in Verbindung mit „Giant“ verschiedene Bedeutungen haben kann: Zum Beispiel könnten es die gewaltigen Betrüger sein, was wir ganz gut finden. Oder ich weiß nicht, ob ihr Harry Potter gelesen beziehungsweise gesehen habt? Im ersten Teil gibt es ja dieses große Schachfeld und eine der Figuren ist der „Giant Rook“.
Ihr seid bereits mit einigen deutschsprachigen Bands wie Kraftklub, Von wegen Lisbeth oder jüngst AnnenMayKantereit auf Tour gewesen, singt jedoch selbst ausschließlich auf Englisch. Wie kommt’s?
Luca: Wir haben von Kindesbeinen an englischsprachige Musik gehört – egal, ob aus England, den USA oder sonst wo her. Diese Musik hat uns schon immer begleitet und deshalb stand außer Frage, ob wir auf Deutsch oder Englisch singen. Wir haben schon öfter in England gespielt und gemerkt, dass wir mit unseren Songs auch internationales Feedback erhalten. Die Konzerte sind immer sehr gut besucht. Das ist natürlich richtig krass für uns. England gilt ja immer noch als das Mutterland der Musik und dort will jeder Musiker oder jede Band spielen.
Finn: Zumal Luca auch ein riesiger England-Fan ist (beide lachen). Er liebt die englische Fußball- und Pubkultur. Die Leute sind auch wirklich sehr herzlich und offen. Man kommt sehr schnell mit ihnen ins Gespräch.
Luca: Du hast die Pubkultur angesprochen. Die finde ich wirklich übelst nice! Es gibt zig Pubs, in denen jeden Abend Bands auf richtig hohem Niveau live spielen. Ich finde es richtig genial, dass man dort seine Musik vor fünf oder 50 Personen präsentieren kann.
Aber wir sind auch super dankbar, mit den ganzen deutschsprachigen Bands auf Tour zu gehen. Mit AnnenMayKantereit haben wir hier in Leipzig vor 13.000 Leuten gespielt. So eine Chance bekommt man nicht immer und zeigt auch, dass es nicht davon abhängig ist, auf welcher Sprache man singt.
Eure Musik ist geprägt von künstlerischen, experimentellen Sounds. Wir würdet ihr selbst euren Stil beschreiben? Was macht euch besonders?
Finn: Wir versuchen Musik zu machen, die im Hier und Jetzt stattfindet. Also nicht rückwärtsgewandt ist. Das beinhaltet für uns dennoch ganz viele Einflüsse, die wir kombinieren und mit denen wir experimentieren. Beispielsweise Musik aus den 70er Jahren, oder aus der goldenen Indie-Ära der Nullerjahre. Aber auch Hip-Hop, Folk und Pop beziehen wir mit ein. Generell kann man unsere Musik vielleicht eher als genreübergreifend beschreiben. Jedes Bandmitglied bringt seinen eigenen Stil mit und ich denke, das hört und spürt man auch. Dadurch zeigt sich unsere Musik auch sehr divers.
An „Bright Lies“ habt ihr zwei Jahre lang gearbeitet. Fans warten schon ungeduldig auf das erste Album. Wieso spannt ihr eure Fans so lange auf die Folter?
Luca: Ich würde schon sagen, dass wir Perfektionisten sind. Wir tüfteln sehr lange an unserer Musik herum. Dazu gehört auch, dass wir neue Songs immer wieder live spielen und anpassen, falls uns etwas nicht hundertprozentig gefällt.
Finn: Dennoch versuchen wir bei unseren Live-Auftritten auch unvorhersehbare, spontane Momente zuzulassen. Das genießen wir richtig.
Seit April seid ihr auf großer „Wild Stare Tour“. Wie fühlt es sich an, erstmals der Main Act zu sein?
Finn: Ich würde sagen, dass man definitiv mehr unter Druck steht, wenn die Leute in erster Linie kommen, um uns spielen zu sehen. Als Vorband musst du innerhalb von 30 Minuten zwar auch abliefern, aber als Main Act musst du einfach Erwartungen erfüllen oder sogar übertreffen. Das baut einfach einen richtigen Druck auf.
Die Tour führte euch bereits durch halb Europa. Was bedeutet für euch Europa?
Finn: Das ist schwierig. Einerseits sehe ich mich als Europäer, aber andererseits grenzt man sich mit diesem Begriff auch wieder vom Rest der Welt ab. Wenn ich mir vorstelle, dass an den europäischen Außengrenzen Menschen ertrinken, dann weiß ich auch nicht, ob ich Europa zu hundert Prozent abfeiern kann. Nichtsdestotrotz glaube ich aber, dass wir in Europa viel bewirken können. Deswegen werde ich am 26. Mai auch definitiv eine Partei wählen, die sich klar gegen rechts richtet.
Ihr seid Anfang zwanzig. Wie soll eure weitere musikalische Karriere aussehen?
Luca: Ziel ist es auf jeden Fall, ein erstes schönes Debütalbum herauszubringen und weiterhin mit Spaß bei der Sache zu sein. Wir wollen auch andere Kontinente bereisen und dort unsere Musik vor Fans präsentieren.
Finn: Schön gesagt! (beide lachen)
Mit welcher Band oder welchen Künstler*innen würdet ihr denn gern mal auftreten?
Luca: Gern mit Paul McCartney, so lange das noch möglich ist. Ich würde auf jeden Fall mal mit Kanye West zusammenarbeiten…
Finn: Oh ja! Der Typ ist zwar irgendwie ein Idiot, aber musikalisch echt unschlagbar.
Fotos: Frederike Wetzels
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