Sunday For Future
Am 21. und 22. Mai fanden in Leipzig die Medientage Mitteldeutschland statt. Kurz vor der Wahl spielt das Thema Europa auch hier eine große Rolle. Ein Panel gibt dem Wahlkampf eine Bühne.
Unter dem Titel „Europawahl 2019 – der große Härtetest für die EU?“ diskutierten Politiker*innen von CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und der LINKEN über den anstehenden Wahlsonntag, die Rolle von sozialen Netzwerken und vor allem eins: das Strache-Video. Als Medienvertreter verstärkte Florian Eder von Politico Europe die Runde.
Moderatorin Michaela Kolster, Programmgeschäftsführerin des ZDF, will wissen, ob die Medien sich im Fall Strache korrekt verhalten hätten. Die Vorsitzende der Vereinten Europäischen Linken Gabriele Zimmer gibt zu bedenken, dass es keinen günstigen Moment für die Veröffentlichung eines derartigen Videos gibt. „Die Medien sind verpflichtet, so schnell wie möglich und so transparent wie möglich zu handeln.“ Svenja Hahn, FDP-Spitzenkandidatin, meint zustimmend, es gehe hier um Korruption und nicht um „irgendwelche Kavaliersdelikte“. Die Tatsache, dass der nun ehemalige Vizekanzler offensichtlich bereit gewesen wäre, sein Land zu verkaufen – mit Hahns Worten „das Unpatriotischste überhaupt“ – zeige, „dass Populisten nie eine Alternative darstellen“. Dennoch werde das Video laut Zimmer nichts am Wahlverhalten verändern: „Es wird nicht nur an den Rechten hängen bleiben, sondern an der gesamten politischen Klasse und den Medien. Es stärkt schon vorhandenes Misstrauen.“
Michael Kellner, politischer Bundesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen bezeichnet die Wahl als eine Schicksalswahl, vor allem sieht er die Mehrheit der konservativen Sozialdemokraten verloren. Auf die Frage hin, ob die Europäische Union (EU) mittlerweile eine Heimat für alle darstelle, erzählt Kellner aus seiner Kindheit in der DDR. Seine eigene Biografie habe ihn sehr beeinflusst, als Kind habe er sich immer die Frage gestellt: „Warum kann ich meine Verwandten nicht besuchen?“ Europa habe als ein Kontinent genau die richtige Größe für gemeinsame Entscheidungen, in allen Bereichen. „Europa ist die beste Idee, die Europa je hatte“, dies ist seine tiefste Überzeugung.
Florian Eder stellt als Medienvertreter fest, dass Europa als großes Ganzes häufiger in Frage gestellt wird. „Auf nationaler Ebene würde nie der Gedanke kommen: Wenn man schon so ein kleines Problem nicht lösen kann, sollte man es vielleicht doch lieber ganz lassen“, findet er. Auf europäischer Ebene spiele die Frage der Existenz hingegen öfter eine Rolle. Dabei, fügt Constanze Krehl (SPD) hinzu, könne „weder Deutschland, noch Frankreich, noch Italien oder sonst ein Land die Fragen zur Gestaltung von Digitalisierung und Globalisierung alleine entscheiden.“ Sie erwarte in den nächsten Jahren konkrete Antworten auf konkrete Fragen. Daniel Caspary (CDU) plädiert für eine Entwicklung Schritt für Schritt: „Denn wer zu viel will, kriegt gar nichts.“ Hahn sieht vor allem Macrons Forderungen, die er Anfang März in einem Text über Reformideen für die EU veröffentlichte, als ausschlaggebend: „Deutschland war im Dornröschenschlaf und wurde durch Macrons Forderungen wachgeküsst.“
Welches das „Megathema“ der EU in den kommenden Jahren sein wird, sind sich alle einig: der Klimawandel. Eder sehe das als gutes Zeichen und spricht von einem erhöhten Bewusstsein bei den Mitgliedsstaaten. Als „Sunday for Future“ bezeichnet Kellner den kommenden Wahlsonntag. Hahn sieht auch den digitalen Binnenmarkt im Vordergrund, Sozialpolitik hingegen eher auf einer nationalen Ebene. Dem widerspricht Krehl und fügt hinzu, dass Klima- und Sozialpolitik auch verbunden werden sollten, beispielsweise durch das Schaffen neuer Arbeitsplätze. Auch Zimmer betont, die beiden Aspekte seien nicht gegeneinander auszuschließen. Caspary schätzt die Entwicklung bereits sehr positiv ein, Europa sei besser als sein Ruf bezüglich der Klimapolitik.
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