Doppelter Wahlabend sorgt für Überraschungen
Unsere Redakteurinnen Theresa und Annika waren für euch im Neuen Rathaus in Leipzig, um den Wahlabend zu verfolgen. Ein Rückblick auf einen Abend, der gegensätzliche Parteien feiern ließ.
Für die diesjährige Stadtratswahl haben sich in zehn Wahlkreisen 649 Leipziger*innen aufstellen lassen. Viele von ihnen lächelten uns auf unseren Weg zur Hochschule, zur Arbeit oder auch zum Einkauf von ihren erhobenen Positionen am Laternenmast an. Im Neuen Rathaus hatten sie sich mehrheitlich an diesem Abend versammelt, um die Wahlergebnisse der Europa- und Kommunalwahl aus erster Hand zu erfahren.
Kurz nach 19 Uhr lagen bereits die ersten Ergebnisse der Europawahl in Leipzig vor, welche vor der Kommunalwahl ausgezählt wurde. Anfangs lag die AfD mit 20 Prozent vorne, wobei die äußeren Wahlbezirke zuerst ausgewertet wurden. Es wurde stark vermutet, dass der Prozentsatz erfahrungsgemäß noch sinken wird. Tatsächlich erhielten die Grünen mit jeder neuen Aktualisierung mehr und die AfD weniger Stimmen, was seitens der Anwesenden der Grünen-Fraktion stark bejubelt wurde. Zum Feiern war auch der Leipziger Partei Die PARTEI zumute, die letztendlich zwei Sitze im Europaparlament bekommt (Quelle: Tagesschau). Die Stimmung war größtenteils sehr ausgelassen, viele Gläser Bier wurden über den Abend geleert. Als sich der Sitzungssaal, in dem die Live-Übertragung gezeigt wurde, gefüllt hatte, bat Ulrich Hörning, Verwaltungsbürgermeister, die anwesenden Personen, sich auch auf die Besuchertribüne zu verteilen, von der aus man einen guten Blick von oben auf die Ergebnisse hätte.
Für Gregor Jaschke, Kandidat der Grünen im Wahlkreis 7 und Student an der Universität Leipzig, ist das der erste Wahlabend, den er als Kandidierender erlebt. „Das ist alles sehr spannend und ich freue mich sehr über die Ergebnisse der Grünen bei der Europawahl und auch bei der Kommunalwahl“, erzählt er.
Schließlich wurden die ersten Ergebnisse der Stadtratswahl veröffentlicht. Besonders feiern konnte hierbei die Fraktion der Linken, die am meisten Stimmen erhielten. Die Grünen wurden zweitstärkste Kraft. CDU und SPD haben am meisten Wähler*innen verloren, gemeinsam büßen sie über 13 Prozent der Stimmen ein. Für die AfD sieht es im Vergleich deutlich besser aus, sie gewann sieben Sitze im Stadtrat dazu.
Bei den anwesenden Mitgliedern zeigte sich ihre Freude deutlich: Kurz vor halb elf zogen Parteimitglieder der AfD, darunter auch der Fraktionsvorsitzende Tobias Keller, gemeinsam durch die obere Wendelhalle im Rathaus und sangen dabei das bekannte Volkslied „Die Gedanken sind frei“. Fast alle von ihnen trugen ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift „Danke Leipzig“ und „Wende für Leipzig“. Nur kurz danach wurden Rufe wie „Nazis raus“ laut, welchen sich die Mehrheit der Anwesenden anschloss. Die Gruppe der AfD, welche aus ungefähr 15 Personen bestand, musste den Saal wieder verlassen, woraufhin Applaus und laute Aussagen wie „Leipzig bleibt rot“ folgten.
Nach diesem kurzen Zwischenfall bat der Verwaltungsbürgermeister Hörning um Ruhe. Kurz nach 23 Uhr waren über 90 Prozent der Stimmen ausgezählt. Die Wahlbeteiligung lag in Leipzig bei 61,6 Prozent (2014: 42,6 Prozent). Inzwischen war sicher, dass DIE LINKE stärkste Kraft im Stadtrat sein wird. William Rambow, Kandidat der Linken für den Wahlkreis 3, wird zum ersten Mal in den Stadtrat einziehen. „Das Ergebnis, dass wir stärkste Kraft sind, ist natürlich geil. Ich persönlich finde es auch ziemlich cool, dass die Grünen zweitstärkste Kraft sind und dass die rot-rot-grüne Mehrheit noch da ist. Also ‚Leipzig kippt nicht‘ hat gut gezogen.“, erzählt der Student lächelnd.
Kurz vor Mitternacht wurde das Neue Rathaus geschlossen. Während die einen ihren Wahlsieg feierten, wollten andere nach diesem langen Wahlabend vielleicht einfach nur noch schlafen gehen.
Die Wahlergebnisse der beiden Wahlen findet ihr auf der Website der Stadt Leipzig. Ein Bericht zur Bildung des neuen Leipziger Stadtrats wird folgen.
Hochschuljournalismus wie dieser ist teuer. Dementsprechend schwierig ist es, eine unabhängige, ehrenamtlich betriebene Zeitung am Leben zu halten. Wir brauchen also eure Unterstützung: Schon für den Preis eines veganen Gerichts in der Mensa könnt ihr unabhängigen, jungen Journalismus für Studierende, Hochschulangehörige und alle anderen Leipziger*innen auf Steady unterstützen. Wir freuen uns über jeden Euro, der dazu beiträgt, luhze erscheinen zu lassen.