Knallig bunt und kreischend komisch
Die komische Oper „Die Verkaufte Braut“ an der Oper Leipzig entpuppt sich als abgedrehte Mischung aus Komödie und Karneval und sorgt für ein Opernerlebnis der etwas anderen Art.
Stille legt sich über den Saal, der Vorhang hebt sich und ein Spektakel beginnt, das einem wirren Alice-im-Wunderland-Traum gleicht. Bunte Kostüme, abstrakt aufgetürmte Frisuren und schallender Operngesang entführen das Publikum in den liebestollen Alltag auf den böhmischen Dörfern. Die komische Oper „Die Verkaufte Braut“ des tschechischen Komponisten Bedřich Smetana feierte am 15. Juni 2019 in der Oper Leipzig Premiere. Unter der Regie von Christian von Götz und der Musikalischen Leitung von Christoph Gedschold wird ein tschechischer Sommernachtstraum zum Leben erweckt, den man trotz einer flachen Handlung nicht so schnell nicht vergisst.
Komische Opern sind auch als musikalische Komödien bekannt und haben das, was der klassischen Oper meist fehlt: Humor. Das lustige Treiben auf der Bühne erzählt von den Irrungen und Wirrungen der jungen Marie (Magdalena Hinterdobler), die von ihren Eltern gegen ihren Willen verheiratet werden soll. Dass man die Sache mithilfe eines gerissenen Heiratsvermittlers (Sebastian Pilgrim) angeht, gehört am Anfang des 20. Jahrhunderts auf den böhmischen Dörfern wohl dazu. Es wäre keine Oper in drei Akten, wenn dieser Plan sofort aufgehen würde. Marie liebt nämlich Hans (Patrick Vogel), einen geheimnisvollen Fremden, der vor Jahren aus der dörflichen Enge flüchtete, nun aber inkognito wieder in seine Heimat zurückgekehrt ist. Um Maries Heirat mit dem eigenbrötlerischen Wenzel (Sven Hjörleifsson), Sohn des lokalen Großgrundbesitzers, zu verhindern, schlägt der listige Hans dem Heiratsvermittler einen Deal vor. Für viel Geld und unter der Bedingung, dass Marie nur den Sohn des Großgrundbesitzers heiraten dürfe, würde Hans seine Geliebte gehen lassen. Natürlich stößt dies erstmal auf Missverständnis bei allen Beteiligten, hat aber etwas mit der verheimlichten Identität von Hans zu tun. Alle Vorkommnisse finden selbstverständlich unter dem neugierigen Blick der durchgedrehten Dorfgesellschaft statt, die freudig die vielen Verwicklungen und Irrungen bis zum pompösen Happy End verfolgt.
Das ganze Geschehen findet auf der von Dieter Richter beeindruckend gestalteten Drehbühne statt, die durch ihre ständige Bewegung einen fortlaufenden Szenenwechsel ermöglicht. Und so scheint es, als ob das Publikum gemeinsam mit den Darsteller*innen unaufhörlich von Raum zu Raum rennt. Die Kostümbildnerin Sarah Mittenbühler ließ sich von der böhmischen Folklore inspirieren und erschuf vollkommen überspitzte Kostüme, die bis ins Detail einzigartig und ziemlich abgedreht sind. Durch das ständige Drehen des Bühnenbildes und der beschwingten Musik fühlt man sich, als wäre man gerade in einem karnevalartigen Fiebertraum, in dem die Farbsättigung auf 300 gedreht wurde. So schillernd wie alles Visuelle, ist die Handlung und ihre Umsetzung allerdings nicht. Die gesungenen Dialoge weisen kaum Tiefe auf, alles bleibt oberflächlich und rutscht oft ins Lächerliche ab.
Auch die Charaktere hätten nicht stereotypischer gezeichnet sein können. Seien es nun der selbstgefällige Hans, die asoziale Stiefmutter, der die Zigarette fast schon in die Hand geklebt scheint oder die naiv verliebte Marie, die ihrem Angebeteten das chauvinistische Verhalten sofort und freudig verzeiht. Man muss sich schon mehrmals die Absicht der Klischeehaftigkeit und Überspitztheit der Tatsachen in den Sinn rufen, um sich nicht die ganze Zeit über das dargestellte Frauenbild zu ärgern. Nichtsdestotrotz ist „Die Verkaufte Braut“ ein lohnendes und lustiges Opernereignis, das das eigene Flachwitzbedürfnis mal wieder befriedigt und am Ende mit viel Applaus bedacht wurde.
Weitere Aufführungen: 30. Juni, 25. August, 1. und 28. September, 6. Oktober, 16. November 2019. Alle Vorstellungen mit Stückeinführung 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn.
Fotos: Kirsten Nijhof
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