Magenta studieren
Die HTWK feiert: Zwölf Millionen Euro Drittmittel hat sie 2018 eingeworben, dazu baut sie gerade mit Geldern der Deutschen Telekom eine ganze Fakultät auf. Das ist nicht unproblematisch.
Mitte Juni lud die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) zur Einweihungsfeier ihrer neugeschaffenen Stiftungsfakultät für Digitale Transformation. Zehn Jahre lang wird die Deutsche Telekom hier 17 Professuren sowie 15,5 Mitarbeiterstellen und die notwendige Sachausstattung finanzieren. Doch nicht jeder sieht die Verknüpfungen zwischen privatem Unternehmen und staatlicher Fachhochschule als durchweg unproblematisch an.
Rektorin Gesinde Grande schrieb in ihrem Grußwort, die HTWK sei „auf dem Weg, sich zum Zentrum der Angewandten Digitalisierung in der Region zu entwickeln“. Entgegen einer Pressemitteilung der HTWK trägt die Telekom jedoch nicht „alle anfallenden Kosten“: Den neuerworbenen Fakultätsbau in der Zschocherschen Straße zahlt zumindest anteilig der Freistaat Sachsen – die genauen Zahlen bleiben aber unter Verschluss. Die Telekom kann sich einiges von der Stiftungsfakultät versprechen: Um konkurrenzfähig zu bleiben, ist sie in Zeiten der Digitalisierung auf gut ausgebildeten Nachwuchs angewiesen. Studieninteressierte müssen ein Unternehmen als Praxispartner gewinnen, bisher werden alle eingeschriebenen 130 Studierenden parallel bei der Telekom ausgebildet. Allerdings weist Jean-Alexander Müller, Gründungsdekan der Stiftungsfakultät, darauf hin, dass in den kommenden Jahren weitere Unternehmenspartnerschaften geplant seien.
Die neue Stiftungsfakultät an der HTWK ist Teil einer größeren Entwicklung: Zwischen 1990 und 2017 hat sich an deutschen Hochschulen der Anteil der Drittmittel verfünffacht – das sind zusätzliche, meist projektbezogene Einnahmen, welche von staatlicher oder privater Seite kommen. Davon stammten 2017 etwas weniger als die Hälfte von Bund, Land und EU, rund ein Drittel von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) und etwa ein Fünftel von privaten Unternehmen. Peter Büttner von der Initiative Hochschulwatch warnt in diesem Zusammenhang vor einer „Schere im Kopf“: Finanzielle Abhängigkeit von unternehmerischen Interessen könne zu Einflussnahme in der Forschung führen. In einer besonderen Lage befinden sich hier die Fachhochschulen: Einerseits sind sie zur Forschung verpflichtet, andererseits bezahlt der Staat, abgesehen von den Professuren, keine wissenschaftlichen Stellen. Sämtliche weitere Forschung ist darum auf Drittmittel angewiesen.
Rektorin Gesine Grande zeigte sich bei der Einweihungsfeier erfreut über einen „großen Erfolg“: Rund zwölf Millionen Euro hatte die Hochschule im Jahr 2018 einwerben können, davon stammten knapp zwei Millionen von Unternehmen. Welche Forschung genau von der Förderung profitiert, ist für die Öffentlichkeit meist nicht einsehbar, viele Unternehmen beharren aus Konkurrenzgründen auf Geheimhaltung. Von den insgesamt 390 Stellen an der HTWK werden mit den Drittmitteln laut Rebecca Schweier, Mitarbeiterin in der Forschungskommunikation, insgesamt 173 „hochqualifizierte Vollzeitstellen“, bezahlt.
Dennoch sieht der StuRa der HTWK die Entwicklungen in einer vorläufigen Stellungnahme prinzipiell positiv. Man müsse das Einwerben von Drittmitteln zwar „kritisch begutachten“, insgesamt würden die Studierenden jedoch von den geschaffenen Möglichkeiten profitieren. Thomas Kremer, Vorstandsmitglied der Telekom, hatte auf der Einweihungsfeier jedenfalls einen Rat für die Studierenden. Er wünsche ihnen allen „ein spannendes Berufsleben. By the way: Meine erste Wahl wäre die Telekom.“
Titelfoto: Robert Weinhold, HTWK Leipzig
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